hatte seine Wangen hoch geröthet, seine Au- gen mit Kraft und Feuer gefüllt. Sie wall- ten nahe am Orte vorüber, wo Amalie den Verzweifelnden rettete. O damals war's schrecklich! Damals war's ganz anders! rief er aus, und sank vor Amaliens Füssen nie- der. Sie wollte ihn aufheben, und vermochte es nicht, sie ruhte auf seinen Schultern, duldete Küsse des Dankenden, erwiederte sie am Ende, und gestand ihm in abgebroche- nen, aber deutlichen Worten, daß sie ihn schon lange gränzenlos liebe. Er dankte aufs feurigste und zärtlichste, Freudenthränen be- nezten ihre Hand, und waren der Beweiß, daß er spreche, wie sein Herz denke.
Schon ging die Sonne unter, als sie das Wäldchen verließen, sie schlichen lang- sam nach dem Schlosse, und doch schienen sie ihrem Gefühle nach zu schweben, die ganze Natur tanzte im bunten Gewühle vor ihren
hatte ſeine Wangen hoch geroͤthet, ſeine Au- gen mit Kraft und Feuer gefuͤllt. Sie wall- ten nahe am Orte voruͤber, wo Amalie den Verzweifelnden rettete. O damals war's ſchrecklich! Damals war's ganz anders! rief er aus, und ſank vor Amaliens Fuͤſſen nie- der. Sie wollte ihn aufheben, und vermochte es nicht, ſie ruhte auf ſeinen Schultern, duldete Kuͤſſe des Dankenden, erwiederte ſie am Ende, und geſtand ihm in abgebroche- nen, aber deutlichen Worten, daß ſie ihn ſchon lange graͤnzenlos liebe. Er dankte aufs feurigſte und zaͤrtlichſte, Freudenthraͤnen be- nezten ihre Hand, und waren der Beweiß, daß er ſpreche, wie ſein Herz denke.
Schon ging die Sonne unter, als ſie das Waͤldchen verließen, ſie ſchlichen lang- ſam nach dem Schloſſe, und doch ſchienen ſie ihrem Gefuͤhle nach zu ſchweben, die ganze Natur tanzte im bunten Gewuͤhle vor ihren
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hatte ſeine Wangen hoch geroͤthet, ſeine Au-
gen mit Kraft und Feuer gefuͤllt. Sie wall-
ten nahe am Orte voruͤber, wo Amalie den
Verzweifelnden rettete. O damals war's
ſchrecklich! Damals war's ganz anders! rief
er aus, und ſank vor Amaliens Fuͤſſen nie-
der. Sie wollte ihn aufheben, und vermochte
es nicht, ſie ruhte auf ſeinen Schultern,
duldete Kuͤſſe des Dankenden, erwiederte ſie
am Ende, und geſtand ihm in abgebroche-
nen, aber deutlichen Worten, daß ſie ihn
ſchon lange graͤnzenlos liebe. Er dankte aufs
feurigſte und zaͤrtlichſte, Freudenthraͤnen be-
nezten ihre Hand, und waren der Beweiß,
daß er ſpreche, wie ſein Herz denke.
Schon ging die Sonne unter, als ſie
das Waͤldchen verließen, ſie ſchlichen lang-
ſam nach dem Schloſſe, und doch ſchienen ſie
ihrem Gefuͤhle nach zu ſchweben, die ganze
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/103>, abgerufen am 24.11.2024.
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