Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Es dämmerte schon, als er sich dem Hause Karoline saß im leichten Nachtkleide auf einem Karolinens Gatte, denn dieß war der junge K a
Es daͤmmerte ſchon, als er ſich dem Hauſe Karoline ſaß im leichten Nachtkleide auf einem Karolinens Gatte, denn dieß war der junge K a
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0155" n="147"/> <p>Es daͤmmerte ſchon, als er ſich dem Hauſe<lb/> naͤherte, in welchem er bald ſeine Allgeliebte zu<lb/> umarmen hoffte. Um ſie zu uͤberraſchen, um aus<lb/> den Kennzeichen ihrer Freude auf die Fortdauer<lb/> ihrer Liebe ſchließen zu koͤnnen, ſchlich er ſich lang-<lb/> ſam ins Haus, betrat mit tiefer Ruͤhrung den<lb/> Gang, welcher zu Karolinens Zimmer fuͤhrte, und<lb/> oͤffnete endlich langſam die Thuͤre.</p><lb/> <p>Karoline ſaß im leichten Nachtkleide auf einem<lb/> Ruhebette, ſie ſaͤugte ein kleines Kind, welches<lb/> auf ihrem Schooße ruhte, ein junger, ſchoͤner<lb/> Mann ſtand ihr zur Seite, und blickte mit Wohl-<lb/> gefallen auf Kind und Mutter herab. Konrad<lb/> ſchauderte zuruͤck, er lehnte ſich an die Mauer,<lb/> und ſtarrte nach Karolinen hin. Das Geraͤuſch,<lb/> welches Konrad verurſachte, machte die letztere<lb/> aufmerkſam, ſie erkannte ſogleich ihren Konrad,<lb/> und ſank ohnmaͤchtig zuruͤck. Der junge Mann<lb/> trat jetzt zu Konraden, verwieß es ihm beſcheiden,<lb/> aber nachdruͤcklich genug, daß er ſo geradezu in<lb/> das Zimmer einer Woͤchnerin eindringe, fuͤr wel-<lb/> che das kleinſte Schrecken gefaͤhrlich, leicht toͤdtlich<lb/> ſeyn koͤnne. Konrad hoͤrte dieſen Verweiß nicht,<lb/> er wich nicht, als jener ihn deutlicher wiederhol-<lb/> te; er ſtand angewurzelt zwiſchen Thuͤr und An-<lb/> gel, ſeine Sinne ſtaunten, ſeine Seele duldete nie<lb/> empfundene Quaalen.</p><lb/> <p>Karolinens Gatte, denn dieß war der junge<lb/> Mann, mußte um Huͤlfe rufen, weil dieſe aus<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K a</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [147/0155]
Es daͤmmerte ſchon, als er ſich dem Hauſe
naͤherte, in welchem er bald ſeine Allgeliebte zu
umarmen hoffte. Um ſie zu uͤberraſchen, um aus
den Kennzeichen ihrer Freude auf die Fortdauer
ihrer Liebe ſchließen zu koͤnnen, ſchlich er ſich lang-
ſam ins Haus, betrat mit tiefer Ruͤhrung den
Gang, welcher zu Karolinens Zimmer fuͤhrte, und
oͤffnete endlich langſam die Thuͤre.
Karoline ſaß im leichten Nachtkleide auf einem
Ruhebette, ſie ſaͤugte ein kleines Kind, welches
auf ihrem Schooße ruhte, ein junger, ſchoͤner
Mann ſtand ihr zur Seite, und blickte mit Wohl-
gefallen auf Kind und Mutter herab. Konrad
ſchauderte zuruͤck, er lehnte ſich an die Mauer,
und ſtarrte nach Karolinen hin. Das Geraͤuſch,
welches Konrad verurſachte, machte die letztere
aufmerkſam, ſie erkannte ſogleich ihren Konrad,
und ſank ohnmaͤchtig zuruͤck. Der junge Mann
trat jetzt zu Konraden, verwieß es ihm beſcheiden,
aber nachdruͤcklich genug, daß er ſo geradezu in
das Zimmer einer Woͤchnerin eindringe, fuͤr wel-
che das kleinſte Schrecken gefaͤhrlich, leicht toͤdtlich
ſeyn koͤnne. Konrad hoͤrte dieſen Verweiß nicht,
er wich nicht, als jener ihn deutlicher wiederhol-
te; er ſtand angewurzelt zwiſchen Thuͤr und An-
gel, ſeine Sinne ſtaunten, ſeine Seele duldete nie
empfundene Quaalen.
Karolinens Gatte, denn dieß war der junge
Mann, mußte um Huͤlfe rufen, weil dieſe aus
K a
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