nens Vater auf sein Ehrenwort versichert hatte, daß dieß seiner Tochter Schrift sei, so eilten sie, wieder gut zu machen, was ihre allzugroße Härte verbrochen hatte.
Sie trafen Konraden im Gebete mit seinem Beichtvater, dessen Herz er eben durch die auf- richtige Erzählung seiner Unschuld zur innigsten Theilnahme gerührt hatte. Sie waren vorsichtig genug, ihm die Freudenpost nur nach und nach zu entdecken, ihn anfangs nur durch entfernte Hofnung aus der Todesangst zu erlösen. Ihre Absicht gelang vollkommen, Konrad äußerte über seine nahe Rettung zwar große Freude, aber sie war nicht überspannt, nicht unmäßig, ließ keine Gefahr, keine üble Folgen für seine Gesundheit muthmaßen.
Konrad hatte durch sein eignes Bekenntniß sich als Karolinens Mörder angeklagt, es war also ganz natürlich, daß das Gericht noch immer vor- sichtig handelte, ihm zwar Hofnung, Befreiung aus Ketten und Kerker, aber doch nicht eher voll- kommne Freiheit gewährte, bis die lebende Karo- line es durch ihre Gegenwart ganz überzeugen würde, daß nur Quaal und Schmerz der Folter dieß ungerechte Bekenntniß erzwungen habe. Der Gerettete durchwachte in einem Zimmer des Rath- hauses die kommende Nacht, seine Wächter waren mehr zur Pflege als zur Sicherheit geordnet.
Um zehn Uhr des andern Tages öfnete sich schnell die Thüre, Karoline stürzte hinein, ihr
nens Vater auf ſein Ehrenwort verſichert hatte, daß dieß ſeiner Tochter Schrift ſei, ſo eilten ſie, wieder gut zu machen, was ihre allzugroße Haͤrte verbrochen hatte.
Sie trafen Konraden im Gebete mit ſeinem Beichtvater, deſſen Herz er eben durch die auf- richtige Erzaͤhlung ſeiner Unſchuld zur innigſten Theilnahme geruͤhrt hatte. Sie waren vorſichtig genug, ihm die Freudenpoſt nur nach und nach zu entdecken, ihn anfangs nur durch entfernte Hofnung aus der Todesangſt zu erloͤſen. Ihre Abſicht gelang vollkommen, Konrad aͤußerte uͤber ſeine nahe Rettung zwar große Freude, aber ſie war nicht uͤberſpannt, nicht unmaͤßig, ließ keine Gefahr, keine uͤble Folgen fuͤr ſeine Geſundheit muthmaßen.
Konrad hatte durch ſein eignes Bekenntniß ſich als Karolinens Moͤrder angeklagt, es war alſo ganz natuͤrlich, daß das Gericht noch immer vor- ſichtig handelte, ihm zwar Hofnung, Befreiung aus Ketten und Kerker, aber doch nicht eher voll- kommne Freiheit gewaͤhrte, bis die lebende Karo- line es durch ihre Gegenwart ganz uͤberzeugen wuͤrde, daß nur Quaal und Schmerz der Folter dieß ungerechte Bekenntniß erzwungen habe. Der Gerettete durchwachte in einem Zimmer des Rath- hauſes die kommende Nacht, ſeine Waͤchter waren mehr zur Pflege als zur Sicherheit geordnet.
Um zehn Uhr des andern Tages oͤfnete ſich ſchnell die Thuͤre, Karoline ſtuͤrzte hinein, ihr
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nens Vater auf ſein Ehrenwort verſichert hatte,
daß dieß ſeiner Tochter Schrift ſei, ſo eilten ſie,
wieder gut zu machen, was ihre allzugroße Haͤrte
verbrochen hatte.
Sie trafen Konraden im Gebete mit ſeinem
Beichtvater, deſſen Herz er eben durch die auf-
richtige Erzaͤhlung ſeiner Unſchuld zur innigſten
Theilnahme geruͤhrt hatte. Sie waren vorſichtig
genug, ihm die Freudenpoſt nur nach und nach
zu entdecken, ihn anfangs nur durch entfernte
Hofnung aus der Todesangſt zu erloͤſen. Ihre
Abſicht gelang vollkommen, Konrad aͤußerte uͤber
ſeine nahe Rettung zwar große Freude, aber ſie
war nicht uͤberſpannt, nicht unmaͤßig, ließ keine
Gefahr, keine uͤble Folgen fuͤr ſeine Geſundheit
muthmaßen.
Konrad hatte durch ſein eignes Bekenntniß ſich
als Karolinens Moͤrder angeklagt, es war alſo
ganz natuͤrlich, daß das Gericht noch immer vor-
ſichtig handelte, ihm zwar Hofnung, Befreiung
aus Ketten und Kerker, aber doch nicht eher voll-
kommne Freiheit gewaͤhrte, bis die lebende Karo-
line es durch ihre Gegenwart ganz uͤberzeugen
wuͤrde, daß nur Quaal und Schmerz der Folter
dieß ungerechte Bekenntniß erzwungen habe. Der
Gerettete durchwachte in einem Zimmer des Rath-
hauſes die kommende Nacht, ſeine Waͤchter waren
mehr zur Pflege als zur Sicherheit geordnet.
Um zehn Uhr des andern Tages oͤfnete ſich
ſchnell die Thuͤre, Karoline ſtuͤrzte hinein, ihr
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/134>, abgerufen am 16.02.2025.
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