Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.längst auch Karolinens Reizen gehuldigt hatte, Auch dießmal entriß er sich um diese Zeit dem laͤngſt auch Karolinens Reizen gehuldigt hatte, Auch dießmal entriß er ſich um dieſe Zeit dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="107"/> laͤngſt auch Karolinens Reizen gehuldigt hatte,<lb/> freilich ganz in geheim, ganz hofnungslos, aber<lb/> eben deswegen ſehr heftig liebte, ſo verzoͤgerte er<lb/> ſeine Ruͤckkehr nie uͤber zehn Uhr, weil er als-<lb/> dann gewiß war, ſeine Schoͤne immer bei der an-<lb/> genehmen Abendkuͤhle auf dem Gange zu finden,<lb/> ihr dann im Voruͤbergehen wenigſtens eine ſuͤße,<lb/> angenehme Ruhe wuͤnſchen zu koͤnnen.</p><lb/> <p>Auch dießmal entriß er ſich um dieſe Zeit dem<lb/> Zirkel ſeiner luſtigen Freunde, umſonſt baten ſie<lb/> ihn, laͤnger zu bleiben, umſonſt reichten ſie ihm<lb/> das volle Glas zum weitern Beſcheide, die all-<lb/> maͤchtige Liebe winkte, er folgte, und fuͤhlte ſich<lb/> dann ſo ſelig, ſo gluͤcklich, wenn er, von der<lb/> ſchoͤnen Karoline freundlich gegruͤßt, nach ſeinem<lb/> Kaͤmmerchen ſchleichen, auf ſeinem Bette ſich un-<lb/> geſtoͤrt der Leitung ſeiner Einbildungskraft uͤber-<lb/> laſſen konnte, die ihn oft zum reichſten Manne,<lb/> und dann faͤhig machte, um die Hand der Aus-<lb/> erwaͤhlten zu werben. Spottet ſeiner nicht, liebe<lb/> Leſer! wenn ich offenherzig erzaͤhle, daß er in die-<lb/> ſen gluͤcklichen Stunden oft das große Loos in der<lb/> Lotterie gewann, oder einmalhundert tauſend Gul-<lb/> den auf offner Heerſtraße fand, ſich dann behende<lb/> Wagen, Pferde und Bediente, anſchafte, um mit<lb/> aller moͤglichen Pracht im Hauſe ſeiner Geliebten<lb/> erſcheinen zu koͤnnen. Erinnert euch aͤhnlicher<lb/> Traͤume, und verzeiht dieſe dem Aermſten willig,<lb/> denn daß ſie, meine Theuern, nie auf aͤhnliche<lb/> Art getraͤumt haͤtten, will ich nicht einmal ver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0115]
laͤngſt auch Karolinens Reizen gehuldigt hatte,
freilich ganz in geheim, ganz hofnungslos, aber
eben deswegen ſehr heftig liebte, ſo verzoͤgerte er
ſeine Ruͤckkehr nie uͤber zehn Uhr, weil er als-
dann gewiß war, ſeine Schoͤne immer bei der an-
genehmen Abendkuͤhle auf dem Gange zu finden,
ihr dann im Voruͤbergehen wenigſtens eine ſuͤße,
angenehme Ruhe wuͤnſchen zu koͤnnen.
Auch dießmal entriß er ſich um dieſe Zeit dem
Zirkel ſeiner luſtigen Freunde, umſonſt baten ſie
ihn, laͤnger zu bleiben, umſonſt reichten ſie ihm
das volle Glas zum weitern Beſcheide, die all-
maͤchtige Liebe winkte, er folgte, und fuͤhlte ſich
dann ſo ſelig, ſo gluͤcklich, wenn er, von der
ſchoͤnen Karoline freundlich gegruͤßt, nach ſeinem
Kaͤmmerchen ſchleichen, auf ſeinem Bette ſich un-
geſtoͤrt der Leitung ſeiner Einbildungskraft uͤber-
laſſen konnte, die ihn oft zum reichſten Manne,
und dann faͤhig machte, um die Hand der Aus-
erwaͤhlten zu werben. Spottet ſeiner nicht, liebe
Leſer! wenn ich offenherzig erzaͤhle, daß er in die-
ſen gluͤcklichen Stunden oft das große Loos in der
Lotterie gewann, oder einmalhundert tauſend Gul-
den auf offner Heerſtraße fand, ſich dann behende
Wagen, Pferde und Bediente, anſchafte, um mit
aller moͤglichen Pracht im Hauſe ſeiner Geliebten
erſcheinen zu koͤnnen. Erinnert euch aͤhnlicher
Traͤume, und verzeiht dieſe dem Aermſten willig,
denn daß ſie, meine Theuern, nie auf aͤhnliche
Art getraͤumt haͤtten, will ich nicht einmal ver-
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