Der graue Mann. Ich nenne mich Joseph, mein Zuname ist Karl! so nannten sich alle meine Voreltern, und daher kommt's, daß ich in gera- der Linie von weiland meinem höchstseeligen Ahn- herrn, Kaiser Karl dem Vierten, abstamme.
Einer aus der Gesellschaft. Dann wären Sie ja mit unserm Kaiser verwandt?
Der graue Mann. (mit ernstem Bli- ke) Fügt huldreichst und gnädigst hinzu, denn er verdient's! -- -- Wir sind unserm vielgeliebten Neffen und Vetter mit vieler Freund- schaft zugethan! Wir gönnen ihm das Glück, über Böhmen zu regieren, von ganzem Herzen! (seufzend) Die Last der Regierung erfordert jetzt starke Schultern, die unsrigen sind zu schwach, wir behalten uns unsre Rechte auf besse- re Zeiten bevor. (Ein Bedienter, der an der Thüre stand, fieng an zu lachen).
Der graue Mann. (mit Anstand und Würde) Kerl, du verdientest, daß ich dich zum Koche Kaiser Wenzel des Vierten machte, und gleich diesem lebendig braten ließe, aber ich ver- gebe dir's in hohen Gnaden! Meide mein Ange- sicht! (der Herr des Schlosses winkte, und der Bediente wollte gehen)
Der graue Mann. (freundlich, und
Der Herr des Schloſſes. Wie nennt er ſich denn?
Der graue Mann. Ich nenne mich Joſeph, mein Zuname iſt Karl! ſo nannten ſich alle meine Voreltern, und daher kommt's, daß ich in gera- der Linie von weiland meinem hoͤchſtſeeligen Ahn- herrn, Kaiſer Karl dem Vierten, abſtamme.
Einer aus der Geſellſchaft. Dann waͤren Sie ja mit unſerm Kaiſer verwandt?
Der graue Mann. (mit ernſtem Bli- ke) Fuͤgt huldreichſt und gnaͤdigſt hinzu, denn er verdient's! — — Wir ſind unſerm vielgeliebten Neffen und Vetter mit vieler Freund- ſchaft zugethan! Wir goͤnnen ihm das Gluͤck, uͤber Boͤhmen zu regieren, von ganzem Herzen! (ſeufzend) Die Laſt der Regierung erfordert jetzt ſtarke Schultern, die unſrigen ſind zu ſchwach, wir behalten uns unſre Rechte auf beſſe- re Zeiten bevor. (Ein Bedienter, der an der Thuͤre ſtand, fieng an zu lachen).
Der graue Mann. (mit Anſtand und Wuͤrde) Kerl, du verdienteſt, daß ich dich zum Koche Kaiſer Wenzel des Vierten machte, und gleich dieſem lebendig braten ließe, aber ich ver- gebe dir's in hohen Gnaden! Meide mein Ange- ſicht! (der Herr des Schloſſes winkte, und der Bediente wollte gehen)
Der graue Mann. (freundlich, und
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Der Herr des Schloſſes. Wie nennt er
ſich denn?
Der graue Mann. Ich nenne mich Joſeph,
mein Zuname iſt Karl! ſo nannten ſich alle meine
Voreltern, und daher kommt's, daß ich in gera-
der Linie von weiland meinem hoͤchſtſeeligen Ahn-
herrn, Kaiſer Karl dem Vierten, abſtamme.
Einer aus der Geſellſchaft. Dann
waͤren Sie ja mit unſerm Kaiſer verwandt?
Der graue Mann. (mit ernſtem Bli-
ke) Fuͤgt huldreichſt und gnaͤdigſt hinzu,
denn er verdient's! — — Wir ſind unſerm
vielgeliebten Neffen und Vetter mit vieler Freund-
ſchaft zugethan! Wir goͤnnen ihm das Gluͤck,
uͤber Boͤhmen zu regieren, von ganzem Herzen!
(ſeufzend) Die Laſt der Regierung erfordert
jetzt ſtarke Schultern, die unſrigen ſind zu
ſchwach, wir behalten uns unſre Rechte auf beſſe-
re Zeiten bevor. (Ein Bedienter, der an
der Thuͤre ſtand, fieng an zu lachen).
Der graue Mann. (mit Anſtand und
Wuͤrde) Kerl, du verdienteſt, daß ich dich zum
Koche Kaiſer Wenzel des Vierten machte, und
gleich dieſem lebendig braten ließe, aber ich ver-
gebe dir's in hohen Gnaden! Meide mein Ange-
ſicht! (der Herr des Schloſſes winkte,
und der Bediente wollte gehen)
Der graue Mann. (freundlich, und
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/56>, abgerufen am 16.02.2025.
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