Grafen haben vergebens darum gebuhlt, wie wol- len Sie -- -- Sie sich nur entfernte Hofnung machen?
Ich. (mit immer steigendem Er- staunen) Aber um's Himmels willen, ich habe ja nicht daran gedacht, ich -- --
Die Alte. Was? Sie wollen es jetzt läugnen? wollen mich Lügen strafen? Die Ver- messenheit geht immer weiter! (läuft zum Kutscher, der unsern von uns mit dem Wagen hielt) Er wird Zeuge seyn, und die Kühnheit seines Herrn bestätigen!
Der Kutscher. (im pflegmatischen Tone) Ich habe nichts gehört! Ich weiß nichts!
Die Alte. (im sanften Tone) Sieht er! das gefällt mir! Er ist seinem Herrn treu, und dies verdient Belohnung. Da hat er einen Dukaten, vertrink er ihn auf meine Gesundheit! (sich mit einem tiefen Komplimente ge- gen mich kehrend) Mit Ihnen, mein Herr, kann ich nun nicht länger reisen. Ihre Gesell- schaft ist mir zu gefährlich, und Möglichkeit der Vereinigung läßt sich nicht hoffen. Erlauben Sie, daß ich meinen Koffer abpacken lasse, mein Wa- gen wird gleich nachkommen.
Sie gieng nun hinter den Wagen, zog ihre Holzbürde herab, legte sie auf ihre Schultern und gieng, gebückt unter ihrer Last, stillschwei-
Grafen haben vergebens darum gebuhlt, wie wol- len Sie — — Sie ſich nur entfernte Hofnung machen?
Ich. (mit immer ſteigendem Er- ſtaunen) Aber um's Himmels willen, ich habe ja nicht daran gedacht, ich — —
Die Alte. Was? Sie wollen es jetzt laͤugnen? wollen mich Luͤgen ſtrafen? Die Ver- meſſenheit geht immer weiter! (laͤuft zum Kutſcher, der unſern von uns mit dem Wagen hielt) Er wird Zeuge ſeyn, und die Kuͤhnheit ſeines Herrn beſtaͤtigen!
Der Kutſcher. (im pflegmatiſchen Tone) Ich habe nichts gehoͤrt! Ich weiß nichts!
Die Alte. (im ſanften Tone) Sieht er! das gefaͤllt mir! Er iſt ſeinem Herrn treu, und dies verdient Belohnung. Da hat er einen Dukaten, vertrink er ihn auf meine Geſundheit! (ſich mit einem tiefen Komplimente ge- gen mich kehrend) Mit Ihnen, mein Herr, kann ich nun nicht laͤnger reiſen. Ihre Geſell- ſchaft iſt mir zu gefaͤhrlich, und Moͤglichkeit der Vereinigung laͤßt ſich nicht hoffen. Erlauben Sie, daß ich meinen Koffer abpacken laſſe, mein Wa- gen wird gleich nachkommen.
Sie gieng nun hinter den Wagen, zog ihre Holzbuͤrde herab, legte ſie auf ihre Schultern und gieng, gebuͤckt unter ihrer Laſt, ſtillſchwei-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0199"n="185"/>
Grafen haben vergebens darum gebuhlt, wie wol-<lb/>
len Sie —— Sie ſich nur entfernte Hofnung<lb/>
machen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Ich</hi>. (<hirendition="#g">mit immer ſteigendem Er-<lb/>ſtaunen</hi>) Aber um's Himmels willen, ich habe<lb/>
ja nicht daran gedacht, ich ——</p><lb/><p><hirendition="#g">Die Alte</hi>. Was? Sie wollen es jetzt<lb/>
laͤugnen? wollen mich Luͤgen ſtrafen? Die Ver-<lb/>
meſſenheit geht immer weiter! (<hirendition="#g">laͤuft zum<lb/>
Kutſcher, der unſern von uns mit dem<lb/>
Wagen hielt</hi>) Er wird Zeuge ſeyn, und die<lb/>
Kuͤhnheit ſeines Herrn beſtaͤtigen!</p><lb/><p><hirendition="#g">Der Kutſcher</hi>. (<hirendition="#g">im pflegmatiſchen<lb/>
Tone</hi>) Ich habe nichts gehoͤrt! Ich weiß<lb/>
nichts!</p><lb/><p><hirendition="#g">Die Alte</hi>. (<hirendition="#g">im ſanften Tone</hi>) Sieht<lb/>
er! das gefaͤllt mir! Er iſt ſeinem Herrn treu,<lb/>
und dies verdient Belohnung. Da hat er einen<lb/>
Dukaten, vertrink er ihn auf meine Geſundheit!<lb/>
(<hirendition="#g">ſich mit einem tiefen Komplimente ge-<lb/>
gen mich kehrend</hi>) Mit Ihnen, mein Herr,<lb/>
kann ich nun nicht laͤnger reiſen. Ihre Geſell-<lb/>ſchaft iſt mir zu gefaͤhrlich, und Moͤglichkeit der<lb/>
Vereinigung laͤßt ſich nicht hoffen. Erlauben Sie,<lb/>
daß ich meinen Koffer abpacken laſſe, mein Wa-<lb/>
gen wird gleich nachkommen.</p><lb/><p>Sie gieng nun hinter den Wagen, zog ihre<lb/>
Holzbuͤrde herab, legte ſie auf ihre Schultern<lb/>
und gieng, gebuͤckt unter ihrer Laſt, ſtillſchwei-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0199]
Grafen haben vergebens darum gebuhlt, wie wol-
len Sie — — Sie ſich nur entfernte Hofnung
machen?
Ich. (mit immer ſteigendem Er-
ſtaunen) Aber um's Himmels willen, ich habe
ja nicht daran gedacht, ich — —
Die Alte. Was? Sie wollen es jetzt
laͤugnen? wollen mich Luͤgen ſtrafen? Die Ver-
meſſenheit geht immer weiter! (laͤuft zum
Kutſcher, der unſern von uns mit dem
Wagen hielt) Er wird Zeuge ſeyn, und die
Kuͤhnheit ſeines Herrn beſtaͤtigen!
Der Kutſcher. (im pflegmatiſchen
Tone) Ich habe nichts gehoͤrt! Ich weiß
nichts!
Die Alte. (im ſanften Tone) Sieht
er! das gefaͤllt mir! Er iſt ſeinem Herrn treu,
und dies verdient Belohnung. Da hat er einen
Dukaten, vertrink er ihn auf meine Geſundheit!
(ſich mit einem tiefen Komplimente ge-
gen mich kehrend) Mit Ihnen, mein Herr,
kann ich nun nicht laͤnger reiſen. Ihre Geſell-
ſchaft iſt mir zu gefaͤhrlich, und Moͤglichkeit der
Vereinigung laͤßt ſich nicht hoffen. Erlauben Sie,
daß ich meinen Koffer abpacken laſſe, mein Wa-
gen wird gleich nachkommen.
Sie gieng nun hinter den Wagen, zog ihre
Holzbuͤrde herab, legte ſie auf ihre Schultern
und gieng, gebuͤckt unter ihrer Laſt, ſtillſchwei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/199>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.