Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.Bürgermeister. Ich will's nicht hindern, Friedrich mußte nun seinem Führer folgen, er Erst. Bändch. K
Buͤrgermeiſter. Ich will's nicht hindern, Friedrich mußte nun ſeinem Fuͤhrer folgen, er Erſt. Baͤndch. K
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Buͤrgermeiſter. Ich will's nicht hindern,
aber beſſern Nutzen wuͤrden Sie ſtiften, wenn
Sie ſolche ihren Richtern zum Andenken und zur
Warnung ſchenkten, damit ſie kuͤnftig vorſichtiger
handeln, nie an der Unſchuld des Beklagten, im-
mer nur an ſeinem Verbrechen zweifeln.
Friedrich mußte nun ſeinem Fuͤhrer folgen, er
trug ſeine Ketten, und verweigerte ſie hartnaͤckig
dem Waͤrter, welcher ſie ihm nachtragen wollte.
Des Gehens ungewohnt, taumelte er gleich einem
Kinde, und lallte auch aus Uebermacht der Freu-
de wie dieſes. Ich, unſchuldig! Ich, wieder
frei! Mein Weib, meine Kinder auch frei! Gott,
wie gluͤcklich machſt du mich wieder! Dies waren
die einzelnen, oft unterbrochnen Worte, wodurch
er ſein Gefuͤhl auszudruͤcken ſuchte. Endlich lang-
te er nebſt dem Buͤrgermeiſter in einem hellen Ge-
mache an, deſſen Fenſter auf die Gaſſe giengen.
Das ungewohnte Licht blendete ſein Auge, ſeine
Bruſt konnte die leichtere, reine Luft nicht faſſen,
er ſank ohnmaͤchtig zu Boden. Man labte und
fuͤhrte ihn, als er wieder athmete, an's Fenſter.
Das verſammlete Volk ahndete, daß er's ſei und
jubelte laut. Friedrich bebte zuruͤck. Was iſt
das, rief er zitternd, iſt's vielleicht doch Trug?
Iſt die Menge vielleicht verſammlet, um mich
ſterben zu ſehen?
Erſt. Baͤndch. K
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