Bürgermeister. Ich will's nicht hindern, aber bessern Nutzen würden Sie stiften, wenn Sie solche ihren Richtern zum Andenken und zur Warnung schenkten, damit sie künftig vorsichtiger handeln, nie an der Unschuld des Beklagten, im- mer nur an seinem Verbrechen zweifeln.
Friedrich mußte nun seinem Führer folgen, er trug seine Ketten, und verweigerte sie hartnäckig dem Wärter, welcher sie ihm nachtragen wollte. Des Gehens ungewohnt, taumelte er gleich einem Kinde, und lallte auch aus Uebermacht der Freu- de wie dieses. Ich, unschuldig! Ich, wieder frei! Mein Weib, meine Kinder auch frei! Gott, wie glücklich machst du mich wieder! Dies waren die einzelnen, oft unterbrochnen Worte, wodurch er sein Gefühl auszudrücken suchte. Endlich lang- te er nebst dem Bürgermeister in einem hellen Ge- mache an, dessen Fenster auf die Gasse giengen. Das ungewohnte Licht blendete sein Auge, seine Brust konnte die leichtere, reine Luft nicht fassen, er sank ohnmächtig zu Boden. Man labte und führte ihn, als er wieder athmete, an's Fenster. Das versammlete Volk ahndete, daß er's sei und jubelte laut. Friedrich bebte zurück. Was ist das, rief er zitternd, ist's vielleicht doch Trug? Ist die Menge vielleicht versammlet, um mich sterben zu sehen?
Erst. Bändch. K
Buͤrgermeiſter. Ich will's nicht hindern, aber beſſern Nutzen wuͤrden Sie ſtiften, wenn Sie ſolche ihren Richtern zum Andenken und zur Warnung ſchenkten, damit ſie kuͤnftig vorſichtiger handeln, nie an der Unſchuld des Beklagten, im- mer nur an ſeinem Verbrechen zweifeln.
Friedrich mußte nun ſeinem Fuͤhrer folgen, er trug ſeine Ketten, und verweigerte ſie hartnaͤckig dem Waͤrter, welcher ſie ihm nachtragen wollte. Des Gehens ungewohnt, taumelte er gleich einem Kinde, und lallte auch aus Uebermacht der Freu- de wie dieſes. Ich, unſchuldig! Ich, wieder frei! Mein Weib, meine Kinder auch frei! Gott, wie gluͤcklich machſt du mich wieder! Dies waren die einzelnen, oft unterbrochnen Worte, wodurch er ſein Gefuͤhl auszudruͤcken ſuchte. Endlich lang- te er nebſt dem Buͤrgermeiſter in einem hellen Ge- mache an, deſſen Fenſter auf die Gaſſe giengen. Das ungewohnte Licht blendete ſein Auge, ſeine Bruſt konnte die leichtere, reine Luft nicht faſſen, er ſank ohnmaͤchtig zu Boden. Man labte und fuͤhrte ihn, als er wieder athmete, an's Fenſter. Das verſammlete Volk ahndete, daß er's ſei und jubelte laut. Friedrich bebte zuruͤck. Was iſt das, rief er zitternd, iſt's vielleicht doch Trug? Iſt die Menge vielleicht verſammlet, um mich ſterben zu ſehen?
Erſt. Baͤndch. K
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Buͤrgermeiſter. Ich will's nicht hindern,
aber beſſern Nutzen wuͤrden Sie ſtiften, wenn
Sie ſolche ihren Richtern zum Andenken und zur
Warnung ſchenkten, damit ſie kuͤnftig vorſichtiger
handeln, nie an der Unſchuld des Beklagten, im-
mer nur an ſeinem Verbrechen zweifeln.
Friedrich mußte nun ſeinem Fuͤhrer folgen, er
trug ſeine Ketten, und verweigerte ſie hartnaͤckig
dem Waͤrter, welcher ſie ihm nachtragen wollte.
Des Gehens ungewohnt, taumelte er gleich einem
Kinde, und lallte auch aus Uebermacht der Freu-
de wie dieſes. Ich, unſchuldig! Ich, wieder
frei! Mein Weib, meine Kinder auch frei! Gott,
wie gluͤcklich machſt du mich wieder! Dies waren
die einzelnen, oft unterbrochnen Worte, wodurch
er ſein Gefuͤhl auszudruͤcken ſuchte. Endlich lang-
te er nebſt dem Buͤrgermeiſter in einem hellen Ge-
mache an, deſſen Fenſter auf die Gaſſe giengen.
Das ungewohnte Licht blendete ſein Auge, ſeine
Bruſt konnte die leichtere, reine Luft nicht faſſen,
er ſank ohnmaͤchtig zu Boden. Man labte und
fuͤhrte ihn, als er wieder athmete, an's Fenſter.
Das verſammlete Volk ahndete, daß er's ſei und
jubelte laut. Friedrich bebte zuruͤck. Was iſt
das, rief er zitternd, iſt's vielleicht doch Trug?
Iſt die Menge vielleicht verſammlet, um mich
ſterben zu ſehen?
Erſt. Baͤndch. K
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/159>, abgerufen am 23.07.2024.
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