Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.sen, als aber ihr Gatte und sein Geselle mit ihr Der Schlosser hatte vor Jahresfrist dem Kauf- ſen, als aber ihr Gatte und ſein Geſelle mit ihr Der Schloſſer hatte vor Jahresfriſt dem Kauf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="134"/> ſen, als aber ihr Gatte und ſein Geſelle mit ihr<lb/> konfrontirt wurde, ſo bekannte auch ſie alles<lb/> aufrichtig.</p><lb/> <p>Der Schloſſer hatte vor Jahresfriſt dem Kauf-<lb/> manne zwei gleiche eiſerne Kaſſen verfertigen muͤſ-<lb/> ſen; ſchon waͤhrend der Arbeit ſprach der Meiſter<lb/> oft mit ſeinem Geſellen von dem vielen Gelde,<lb/> welches einſt in dieſen Kaſſen ruhen wuͤrde; der<lb/> Wunſch, ſie nur einmal leeren zu koͤnnen, ward<lb/> bei beiden rege, und der letztere meinte, daß es<lb/> eine ſehr geringe Suͤnde ſeyn muͤſſe, wenn der<lb/> Arme ſich auf gute Art eines Theils des allzu<lb/> großen Reichthums bemaͤchtigen koͤnnte. Bei die-<lb/> ſer Aeuſſerung blieb es, bis einen Monat vor dem<lb/> Diebſtahle der Schloſſer zum Kaufmanne berufen<lb/> wurde, um die Kaſſe zu oͤfnen, von welcher er in<lb/> haſtiger Eile den Schluͤſſel abgedreht hatte. Wie<lb/> ſie geoͤfnet war, ſah der Schloſſer vieles Gold<lb/> und Silber darinne liegen, das Verlangen dar-<lb/> nach ward auf's neue und lebhafter rege; da er<lb/> es allein nicht zu befriedigen vermochte, ſo ver-<lb/> traute er's ſeinem Geſellen und bald nachher auch<lb/> ſeinem Weibe. Beide willigten ein, und die<lb/> Moͤglichkeit, wie man das Unternehmen gluͤcklich<lb/> ausfuͤhren koͤnne, ward ſogleich gepruͤft. Der<lb/> Schloſſer verſteckte ſich, als alles verabredet war,<lb/> ſamt ſeinem Geſellen Abends unter den Faͤſſern<lb/> und Ballen, welche im Vorhauſe des Kaufmanns<lb/> lagen. Wie alles im Hauſe ſchlafen gegangen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
ſen, als aber ihr Gatte und ſein Geſelle mit ihr
konfrontirt wurde, ſo bekannte auch ſie alles
aufrichtig.
Der Schloſſer hatte vor Jahresfriſt dem Kauf-
manne zwei gleiche eiſerne Kaſſen verfertigen muͤſ-
ſen; ſchon waͤhrend der Arbeit ſprach der Meiſter
oft mit ſeinem Geſellen von dem vielen Gelde,
welches einſt in dieſen Kaſſen ruhen wuͤrde; der
Wunſch, ſie nur einmal leeren zu koͤnnen, ward
bei beiden rege, und der letztere meinte, daß es
eine ſehr geringe Suͤnde ſeyn muͤſſe, wenn der
Arme ſich auf gute Art eines Theils des allzu
großen Reichthums bemaͤchtigen koͤnnte. Bei die-
ſer Aeuſſerung blieb es, bis einen Monat vor dem
Diebſtahle der Schloſſer zum Kaufmanne berufen
wurde, um die Kaſſe zu oͤfnen, von welcher er in
haſtiger Eile den Schluͤſſel abgedreht hatte. Wie
ſie geoͤfnet war, ſah der Schloſſer vieles Gold
und Silber darinne liegen, das Verlangen dar-
nach ward auf's neue und lebhafter rege; da er
es allein nicht zu befriedigen vermochte, ſo ver-
traute er's ſeinem Geſellen und bald nachher auch
ſeinem Weibe. Beide willigten ein, und die
Moͤglichkeit, wie man das Unternehmen gluͤcklich
ausfuͤhren koͤnne, ward ſogleich gepruͤft. Der
Schloſſer verſteckte ſich, als alles verabredet war,
ſamt ſeinem Geſellen Abends unter den Faͤſſern
und Ballen, welche im Vorhauſe des Kaufmanns
lagen. Wie alles im Hauſe ſchlafen gegangen
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