Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.Es war eine äusserst rührende und der Erbar- Men-
Es war eine aͤuſſerſt ruͤhrende und der Erbar- Men-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0142" n="128"/> <p>Es war eine aͤuſſerſt ruͤhrende und der Erbar-<lb/> mung wuͤrdige Szene, als der Balbier ſeinen<lb/> Schwur leiſtete. Friedrich ſtand mit Verzweif-<lb/> lung kaͤmpfend da, aber ſein Weib, ſeine Kinder<lb/> knieten vor dem Balbier nieder, und baten ihn<lb/> mit den ruͤhrendſten Worten, daß er doch ihr Un-<lb/> gluͤck beherzigen, und uͤber eine unſchuldige Fa-<lb/> milie kein ſo unverdientes, ſchreckliches Elend brin-<lb/> gen moͤge. Wir wollen's vor Gottes Throne,<lb/> ſagte die Mutter, beeiden, wir wollen keinen An-<lb/> theil an ſeiner Seligkeit haben, wenn ein Wort<lb/> eurer Ausſage Wahrheit enthaͤlt. Um Jeſu wil-<lb/> len, der euch und uns erloͤßt hat, flehten die Kin-<lb/> der, erbarmt euch unſrer armen Eltern, und<lb/> uͤberliefert ſie nicht dem ſchmaͤhlichen Tode. Um<lb/> des juͤngſten Gerichtes willen, rief wieder die<lb/> Mutter, das einſt ſchrecklich uͤber euch richten<lb/> wird, erbarmt euch meiner armen Kinder, die<lb/> euch noch im Tode fluchen, und Gottes Rache<lb/> uͤber euch auffordern werden! der Balbier weinte<lb/> mit ihnen, und verſicherte, daß er um aller Welt<lb/> Schaͤtze willen nicht unrecht ſchwoͤren, nicht alle<lb/> ungluͤcklich machen werde, wenn er nicht, feſt<lb/> von der Wahrheit uͤberzeugt, ſie auch vor Gottes<lb/> Throne eben ſo ſtandhaft behaupten koͤnne, und<lb/> daher von ihm keine Strafe zu erwarten habe,<lb/> weil er als Buͤrger und Chriſt ſeine Pflicht er-<lb/> fuͤlle. Wie er endlich ſeinen Eid geendet hatte,<lb/> trat Friedrich zu ihm. Wenn Meineid den<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Men-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [128/0142]
Es war eine aͤuſſerſt ruͤhrende und der Erbar-
mung wuͤrdige Szene, als der Balbier ſeinen
Schwur leiſtete. Friedrich ſtand mit Verzweif-
lung kaͤmpfend da, aber ſein Weib, ſeine Kinder
knieten vor dem Balbier nieder, und baten ihn
mit den ruͤhrendſten Worten, daß er doch ihr Un-
gluͤck beherzigen, und uͤber eine unſchuldige Fa-
milie kein ſo unverdientes, ſchreckliches Elend brin-
gen moͤge. Wir wollen's vor Gottes Throne,
ſagte die Mutter, beeiden, wir wollen keinen An-
theil an ſeiner Seligkeit haben, wenn ein Wort
eurer Ausſage Wahrheit enthaͤlt. Um Jeſu wil-
len, der euch und uns erloͤßt hat, flehten die Kin-
der, erbarmt euch unſrer armen Eltern, und
uͤberliefert ſie nicht dem ſchmaͤhlichen Tode. Um
des juͤngſten Gerichtes willen, rief wieder die
Mutter, das einſt ſchrecklich uͤber euch richten
wird, erbarmt euch meiner armen Kinder, die
euch noch im Tode fluchen, und Gottes Rache
uͤber euch auffordern werden! der Balbier weinte
mit ihnen, und verſicherte, daß er um aller Welt
Schaͤtze willen nicht unrecht ſchwoͤren, nicht alle
ungluͤcklich machen werde, wenn er nicht, feſt
von der Wahrheit uͤberzeugt, ſie auch vor Gottes
Throne eben ſo ſtandhaft behaupten koͤnne, und
daher von ihm keine Strafe zu erwarten habe,
weil er als Buͤrger und Chriſt ſeine Pflicht er-
fuͤlle. Wie er endlich ſeinen Eid geendet hatte,
trat Friedrich zu ihm. Wenn Meineid den
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