großes, dickes Pflaster, und lege es gerade über das Glas, welches jetzt deine Brust ausmacht, die Leute können dann nicht mehr hineinsehen, da- für stehe ich dir, und in fünf, sechs Wochen wird wieder Fleisch darüber wachsen, und du ganz gesund werden.
Jakob. Das gebe der liebe Gott! Bringe lieber das Pflaster sogleich, damit wir's versuchen können: ob ich hoffen darf?
Wundarzt. Das ist unmöglich, ich muß es vorher aus vielen Kräutern zusammenkochen, auch mußt du mir aufrichtig erzählen: wie nach und nach das Glas zum Vorschein gekommen ist, damit ich mich darnach richten kann?
Jakob. Ach, lieber Gott, das geschah mit einmal schnell und plötzlich!
Wundarzt. Um so besser, dann können wir auch eben so geschwinde Heilung hoffen.
Jakob erzählte jetzt dem Wundarzte alles, was sich mit ihm auf der Hochzeit zugetragen hatte, wie alle seine Verwandten mit einmal sei- ne Liebe zu Marien entdeckten, und ihm bittre Vorwürfe darüber machten. Dies, fuhr Jakob fort, erregte in mir die größte Verwunderung, weil ich sie keinem entdeckt, keinem aus ihnen vertraut hatte, ich kannte dazumal meinen un- glücklichen Zustand noch nicht, und gieng endlich aus Mißmuth nach Hause. Wie ich schon nahe
Erst. Bändch. H
großes, dickes Pflaſter, und lege es gerade uͤber das Glas, welches jetzt deine Bruſt ausmacht, die Leute koͤnnen dann nicht mehr hineinſehen, da- fuͤr ſtehe ich dir, und in fuͤnf, ſechs Wochen wird wieder Fleiſch daruͤber wachſen, und du ganz geſund werden.
Jakob. Das gebe der liebe Gott! Bringe lieber das Pflaſter ſogleich, damit wir's verſuchen koͤnnen: ob ich hoffen darf?
Wundarzt. Das iſt unmoͤglich, ich muß es vorher aus vielen Kraͤutern zuſammenkochen, auch mußt du mir aufrichtig erzaͤhlen: wie nach und nach das Glas zum Vorſchein gekommen iſt, damit ich mich darnach richten kann?
Jakob. Ach, lieber Gott, das geſchah mit einmal ſchnell und ploͤtzlich!
Wundarzt. Um ſo beſſer, dann koͤnnen wir auch eben ſo geſchwinde Heilung hoffen.
Jakob erzaͤhlte jetzt dem Wundarzte alles, was ſich mit ihm auf der Hochzeit zugetragen hatte, wie alle ſeine Verwandten mit einmal ſei- ne Liebe zu Marien entdeckten, und ihm bittre Vorwuͤrfe daruͤber machten. Dies, fuhr Jakob fort, erregte in mir die groͤßte Verwunderung, weil ich ſie keinem entdeckt, keinem aus ihnen vertraut hatte, ich kannte dazumal meinen un- gluͤcklichen Zuſtand noch nicht, und gieng endlich aus Mißmuth nach Hauſe. Wie ich ſchon nahe
Erſt. Baͤndch. H
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großes, dickes Pflaſter, und lege es gerade uͤber
das Glas, welches jetzt deine Bruſt ausmacht,
die Leute koͤnnen dann nicht mehr hineinſehen, da-
fuͤr ſtehe ich dir, und in fuͤnf, ſechs Wochen
wird wieder Fleiſch daruͤber wachſen, und du
ganz geſund werden.
Jakob. Das gebe der liebe Gott! Bringe
lieber das Pflaſter ſogleich, damit wir's verſuchen
koͤnnen: ob ich hoffen darf?
Wundarzt. Das iſt unmoͤglich, ich muß
es vorher aus vielen Kraͤutern zuſammenkochen,
auch mußt du mir aufrichtig erzaͤhlen: wie nach
und nach das Glas zum Vorſchein gekommen iſt,
damit ich mich darnach richten kann?
Jakob. Ach, lieber Gott, das geſchah mit
einmal ſchnell und ploͤtzlich!
Wundarzt. Um ſo beſſer, dann koͤnnen
wir auch eben ſo geſchwinde Heilung hoffen.
Jakob erzaͤhlte jetzt dem Wundarzte alles,
was ſich mit ihm auf der Hochzeit zugetragen
hatte, wie alle ſeine Verwandten mit einmal ſei-
ne Liebe zu Marien entdeckten, und ihm bittre
Vorwuͤrfe daruͤber machten. Dies, fuhr Jakob
fort, erregte in mir die groͤßte Verwunderung,
weil ich ſie keinem entdeckt, keinem aus ihnen
vertraut hatte, ich kannte dazumal meinen un-
gluͤcklichen Zuſtand noch nicht, und gieng endlich
aus Mißmuth nach Hauſe. Wie ich ſchon nahe
Erſt. Baͤndch. H
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/127>, abgerufen am 23.07.2024.
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