Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.Diensten des Monarchen standen; er war über- Dienſten des Monarchen ſtanden; er war uͤber- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0118" n="104"/> Dienſten des Monarchen ſtanden; er war uͤber-<lb/> zeugt, daß er dieſe alle kraͤnken und beleidigen<lb/> wuͤrde, wenn er eine arme gefallne Magd zu ſei-<lb/> nem Weibe waͤhlte, da er doch ohne Scheu unter<lb/> den reichſten und ſchoͤnſten Toͤchtern des Thals<lb/> waͤhlen konnte. Dieſe Betrachtungen, die oft ta-<lb/> gelang ſeinen Verſtand beſchaͤftigten, waren die<lb/> Urſache ſeiner Trauer, ſeines Tiefſinns, er ſah<lb/> die Wichtigkeit derſelben ein, aber er konnte auch<lb/> eben ſo wenig dem immer ſtaͤrkern Eindrucke wi-<lb/> derſtehen, den Mariens Schoͤnheit und ihre guten<lb/> Eigenſchaften auf ſein Herz machten. Er kaͤmpf-<lb/> te einige Monate vergebens, wie aber ſeine Lei-<lb/> denſchaft ſich immer mehrte, ihm in die Zukunft<lb/> nur martervolle Tage und graͤßliches Leiden ver-<lb/> kuͤndigte, ſo ſprach er offen mit der ſchoͤnen Ma-<lb/> rie, geſtand ihr ſeine Liebe, und fand ſie willig,<lb/> dieſe im vollen Maaße zu erwiedern, wenn an-<lb/> ders ſeine Geſchwiſter und Anverwandten ſie billi-<lb/> gen wuͤrden. Doch da ich, ſetzte ſie traurig und<lb/> ſtandhaft hinzu, von der Weigerung aller im<lb/> Voraus uͤberzeugt bin, da ich gewiß weis, daß<lb/> ſie mit groͤßtem Widerwillen eine arme gefallne<lb/> Magd in der Mitte ihrer Familie ſehen wuͤrden,<lb/> ſo bitte und beſchwoͤre ich dich, dein Vorhaben<lb/> aufzugeben, und der Liebe zu einer Ungluͤcklichen<lb/> zu entſagen. Ich will mir einen andern Dienſt<lb/> ſuchen, Abweſenheit wird leicht den Eindruck loͤ-<lb/> ſchen, welchen meine geringen Eigenſchaften auf<lb/> dein Herz machten. Bedenke, daß ich dir gar<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0118]
Dienſten des Monarchen ſtanden; er war uͤber-
zeugt, daß er dieſe alle kraͤnken und beleidigen
wuͤrde, wenn er eine arme gefallne Magd zu ſei-
nem Weibe waͤhlte, da er doch ohne Scheu unter
den reichſten und ſchoͤnſten Toͤchtern des Thals
waͤhlen konnte. Dieſe Betrachtungen, die oft ta-
gelang ſeinen Verſtand beſchaͤftigten, waren die
Urſache ſeiner Trauer, ſeines Tiefſinns, er ſah
die Wichtigkeit derſelben ein, aber er konnte auch
eben ſo wenig dem immer ſtaͤrkern Eindrucke wi-
derſtehen, den Mariens Schoͤnheit und ihre guten
Eigenſchaften auf ſein Herz machten. Er kaͤmpf-
te einige Monate vergebens, wie aber ſeine Lei-
denſchaft ſich immer mehrte, ihm in die Zukunft
nur martervolle Tage und graͤßliches Leiden ver-
kuͤndigte, ſo ſprach er offen mit der ſchoͤnen Ma-
rie, geſtand ihr ſeine Liebe, und fand ſie willig,
dieſe im vollen Maaße zu erwiedern, wenn an-
ders ſeine Geſchwiſter und Anverwandten ſie billi-
gen wuͤrden. Doch da ich, ſetzte ſie traurig und
ſtandhaft hinzu, von der Weigerung aller im
Voraus uͤberzeugt bin, da ich gewiß weis, daß
ſie mit groͤßtem Widerwillen eine arme gefallne
Magd in der Mitte ihrer Familie ſehen wuͤrden,
ſo bitte und beſchwoͤre ich dich, dein Vorhaben
aufzugeben, und der Liebe zu einer Ungluͤcklichen
zu entſagen. Ich will mir einen andern Dienſt
ſuchen, Abweſenheit wird leicht den Eindruck loͤ-
ſchen, welchen meine geringen Eigenſchaften auf
dein Herz machten. Bedenke, daß ich dir gar
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