der Dienste suchen zu können, sie fand ihn bei dem jungen Jakob, welcher bald ihre Fähigkeiten erkannte, und mit vollem Vertrauen lohnte.
Als sie durch zwei Jahre seine Wirthschaft mit einer seltenen Treue und Emsigkeit geführt hatte, und wahren Anspruch auf Jakobs Dankbarkeit machen konnte, ward der muntere, fröhliche Jüng- ling auf einmal tiefsinnig und träge. Er besuchte kein Freudenfest mehr, er arbeitete daheim wenig, saß immer traurig in der Stube, und blickte mit nassem Auge seine Haushälterin an, wenn diese liebreich und theilnehmend nach der Ursache seines Kummers forschte. Heftige, nagende Liebe be- mächtigte sich nach und nach seines Herzens; die schöne Marie -- so nannte sich seine Haushälte- rin -- hatte durch ihre gute Wirthschaft, durch ihre Treue und Ordnung schon lange seine Dank- barkeit erregt, ihre schöne reizende Gestalt hatte diese Dankbarkeit endlich in Liebe verwandelt, die nun mit Ungestüm die Befriedigung ihrer Wünsche forderte. Jakob war schon vier und zwanzig Jahre alt, und folglich in einem Alter, das ihm vollkommne Gewalt gab, eine Gattin nach seinem Herzen zu wählen; aber er hatte Brüder, welche noch stets ein väterliches Ansehen über ihn behaupteten, er hatte Schwe- stern, welche schon mit den reichsten und angese- hensten Männern im Thale verheurathet waren, er hatte Vettern und Freunde, welche wirklich in
der Dienſte ſuchen zu koͤnnen, ſie fand ihn bei dem jungen Jakob, welcher bald ihre Faͤhigkeiten erkannte, und mit vollem Vertrauen lohnte.
Als ſie durch zwei Jahre ſeine Wirthſchaft mit einer ſeltenen Treue und Emſigkeit gefuͤhrt hatte, und wahren Anſpruch auf Jakobs Dankbarkeit machen konnte, ward der muntere, froͤhliche Juͤng- ling auf einmal tiefſinnig und traͤge. Er beſuchte kein Freudenfeſt mehr, er arbeitete daheim wenig, ſaß immer traurig in der Stube, und blickte mit naſſem Auge ſeine Haushaͤlterin an, wenn dieſe liebreich und theilnehmend nach der Urſache ſeines Kummers forſchte. Heftige, nagende Liebe be- maͤchtigte ſich nach und nach ſeines Herzens; die ſchoͤne Marie — ſo nannte ſich ſeine Haushaͤlte- rin — hatte durch ihre gute Wirthſchaft, durch ihre Treue und Ordnung ſchon lange ſeine Dank- barkeit erregt, ihre ſchoͤne reizende Geſtalt hatte dieſe Dankbarkeit endlich in Liebe verwandelt, die nun mit Ungeſtuͤm die Befriedigung ihrer Wuͤnſche forderte. Jakob war ſchon vier und zwanzig Jahre alt, und folglich in einem Alter, das ihm vollkommne Gewalt gab, eine Gattin nach ſeinem Herzen zu waͤhlen; aber er hatte Bruͤder, welche noch ſtets ein vaͤterliches Anſehen uͤber ihn behaupteten, er hatte Schwe- ſtern, welche ſchon mit den reichſten und angeſe- henſten Maͤnnern im Thale verheurathet waren, er hatte Vettern und Freunde, welche wirklich in
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der Dienſte ſuchen zu koͤnnen, ſie fand ihn bei
dem jungen Jakob, welcher bald ihre Faͤhigkeiten
erkannte, und mit vollem Vertrauen lohnte.
Als ſie durch zwei Jahre ſeine Wirthſchaft mit
einer ſeltenen Treue und Emſigkeit gefuͤhrt hatte,
und wahren Anſpruch auf Jakobs Dankbarkeit
machen konnte, ward der muntere, froͤhliche Juͤng-
ling auf einmal tiefſinnig und traͤge. Er beſuchte
kein Freudenfeſt mehr, er arbeitete daheim wenig,
ſaß immer traurig in der Stube, und blickte mit
naſſem Auge ſeine Haushaͤlterin an, wenn dieſe
liebreich und theilnehmend nach der Urſache ſeines
Kummers forſchte. Heftige, nagende Liebe be-
maͤchtigte ſich nach und nach ſeines Herzens; die
ſchoͤne Marie — ſo nannte ſich ſeine Haushaͤlte-
rin — hatte durch ihre gute Wirthſchaft, durch
ihre Treue und Ordnung ſchon lange ſeine Dank-
barkeit erregt, ihre ſchoͤne reizende Geſtalt hatte
dieſe Dankbarkeit endlich in Liebe verwandelt,
die nun mit Ungeſtuͤm die Befriedigung ihrer
Wuͤnſche forderte. Jakob war ſchon vier
und zwanzig Jahre alt, und folglich in einem
Alter, das ihm vollkommne Gewalt gab, eine
Gattin nach ſeinem Herzen zu waͤhlen; aber er
hatte Bruͤder, welche noch ſtets ein vaͤterliches
Anſehen uͤber ihn behaupteten, er hatte Schwe-
ſtern, welche ſchon mit den reichſten und angeſe-
henſten Maͤnnern im Thale verheurathet waren,
er hatte Vettern und Freunde, welche wirklich in
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/117>, abgerufen am 23.07.2024.
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