noch die Erregung der letzten kleinen Scene brannte, als jetzt die Andern den ziemlich steilen Weg, der zum Strand führte, hinabzusteigen begannen.
"Sie wünschen allein zu sein?"
"Nicht doch; im Gegentheil, ich freue mich, wenn Sie hier bleiben wollen. Nach der geistreichen Un¬ terhaltung von heute Mittag und heute Abend fühlt man das Bedürfniß, endlich einmal ein verständiges Wort zu sprechen. Sie haben mir noch immer nicht gesagt, ob ich Ihnen, ohne es zu wissen und zu wollen, durch irgend eine unvorsichtige Bemerkung vielleicht, weh gethan habe?"
"Nein, durchaus nicht. Ich habe vorgestern Abend eine Nachricht erhalten, die mich sehr betrübt . . . Er¬ innern Sie sich des Professor Berger von ihrer Bade¬ reise nach Ostende vor drei Jahren?"
"Ei gewiß! wie könnte man den vergessen! Mir ist, als ob ich ihn gestern gesehen hätte, so deutlich steht er vor mir mit seinen hellen Augen unter den buschigen Brauen und stets mit einem Bonmot auf den Lippen. Was ist mit ihm? er ist doch nicht gar todt?"
"Nein, schlimmer als das -- er ist wahnsinnig geworden."
"Um Gotteswillen! der Professor Berger -- dieses
noch die Erregung der letzten kleinen Scene brannte, als jetzt die Andern den ziemlich ſteilen Weg, der zum Strand führte, hinabzuſteigen begannen.
„Sie wünſchen allein zu ſein?“
„Nicht doch; im Gegentheil, ich freue mich, wenn Sie hier bleiben wollen. Nach der geiſtreichen Un¬ terhaltung von heute Mittag und heute Abend fühlt man das Bedürfniß, endlich einmal ein verſtändiges Wort zu ſprechen. Sie haben mir noch immer nicht geſagt, ob ich Ihnen, ohne es zu wiſſen und zu wollen, durch irgend eine unvorſichtige Bemerkung vielleicht, weh gethan habe?“
„Nein, durchaus nicht. Ich habe vorgeſtern Abend eine Nachricht erhalten, die mich ſehr betrübt . . . Er¬ innern Sie ſich des Profeſſor Berger von ihrer Bade¬ reiſe nach Oſtende vor drei Jahren?“
„Ei gewiß! wie könnte man den vergeſſen! Mir iſt, als ob ich ihn geſtern geſehen hätte, ſo deutlich ſteht er vor mir mit ſeinen hellen Augen unter den buſchigen Brauen und ſtets mit einem Bonmot auf den Lippen. Was iſt mit ihm? er iſt doch nicht gar todt?“
„Nein, ſchlimmer als das — er iſt wahnſinnig geworden.“
„Um Gotteswillen! der Profeſſor Berger — dieſes
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noch die Erregung der letzten kleinen Scene brannte,
als jetzt die Andern den ziemlich ſteilen Weg, der
zum Strand führte, hinabzuſteigen begannen.
„Sie wünſchen allein zu ſein?“
„Nicht doch; im Gegentheil, ich freue mich, wenn
Sie hier bleiben wollen. Nach der geiſtreichen Un¬
terhaltung von heute Mittag und heute Abend fühlt
man das Bedürfniß, endlich einmal ein verſtändiges
Wort zu ſprechen. Sie haben mir noch immer nicht
geſagt, ob ich Ihnen, ohne es zu wiſſen und zu
wollen, durch irgend eine unvorſichtige Bemerkung
vielleicht, weh gethan habe?“
„Nein, durchaus nicht. Ich habe vorgeſtern Abend
eine Nachricht erhalten, die mich ſehr betrübt . . . Er¬
innern Sie ſich des Profeſſor Berger von ihrer Bade¬
reiſe nach Oſtende vor drei Jahren?“
„Ei gewiß! wie könnte man den vergeſſen! Mir
iſt, als ob ich ihn geſtern geſehen hätte, ſo deutlich
ſteht er vor mir mit ſeinen hellen Augen unter den
buſchigen Brauen und ſtets mit einem Bonmot auf
den Lippen. Was iſt mit ihm? er iſt doch nicht gar
todt?“
„Nein, ſchlimmer als das — er iſt wahnſinnig
geworden.“
„Um Gotteswillen! der Profeſſor Berger — dieſes
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/36>, abgerufen am 16.07.2024.
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