"Ich bitte Dich, Adolf! sei still, der halbe Saal kann ja hören, was Du sagst."
"Höre, Kleine!" sagte der junge Mann in leisem, aber sehr bestimmtem Ton. "Das gefällt mir nicht. Du weißt, ich habe Dich lieb, wie ein Bruder nur seine Schwester lieb haben kann; aber gerade deshalb muß ich dafür sorgen, daß Du Dich in keine solche Thorheiten tiefer einläßt. Und ich werde dafür sorgen, verlaß Dich d'rauf!"
Damit wandte er ihr den Rücken und ging den Anderen nach zum Saal hinaus.
Emilie hatte Mühe, ihre Thränen zurückzuhalten. Ihre Angst wuchs mit jeder Secunde. Es mußte Rath geschafft werden -- so oder so. Das entschlossene Mädchen griff zu einem verzweifelten Mittel.
Sie ging auf Helene zu, die nicht weit von ihr mit andern Damen auf dem Divan saß und sagte:
"Auf ein Wort, Helene!"
"Was ist's?" sagte Helene, aufstehend.
"Komm ein wenig weiter hierher. -- Helene, Du hast den Doctor Stein lieb, nicht wahr?"
"Wie kommst Du darauf?" erwiederte Helene und die Gluth schoß ihr in die bleichen Wagen.
"Gleichviel, ich habe ihn auch lieb; ich habe ihn sehr lieb, wenn Du willst -- und deshalb bitte ich
„Ich bitte Dich, Adolf! ſei ſtill, der halbe Saal kann ja hören, was Du ſagſt.“
„Höre, Kleine!“ ſagte der junge Mann in leiſem, aber ſehr beſtimmtem Ton. „Das gefällt mir nicht. Du weißt, ich habe Dich lieb, wie ein Bruder nur ſeine Schweſter lieb haben kann; aber gerade deshalb muß ich dafür ſorgen, daß Du Dich in keine ſolche Thorheiten tiefer einläßt. Und ich werde dafür ſorgen, verlaß Dich d'rauf!“
Damit wandte er ihr den Rücken und ging den Anderen nach zum Saal hinaus.
Emilie hatte Mühe, ihre Thränen zurückzuhalten. Ihre Angſt wuchs mit jeder Secunde. Es mußte Rath geſchafft werden — ſo oder ſo. Das entſchloſſene Mädchen griff zu einem verzweifelten Mittel.
Sie ging auf Helene zu, die nicht weit von ihr mit andern Damen auf dem Divan ſaß und ſagte:
„Auf ein Wort, Helene!“
„Was iſt's?“ ſagte Helene, aufſtehend.
„Komm ein wenig weiter hierher. — Helene, Du haſt den Doctor Stein lieb, nicht wahr?“
„Wie kommſt Du darauf?“ erwiederte Helene und die Gluth ſchoß ihr in die bleichen Wagen.
„Gleichviel, ich habe ihn auch lieb; ich habe ihn ſehr lieb, wenn Du willſt — und deshalb bitte ich
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„Ich bitte Dich, Adolf! ſei ſtill, der halbe Saal
kann ja hören, was Du ſagſt.“
„Höre, Kleine!“ ſagte der junge Mann in leiſem,
aber ſehr beſtimmtem Ton. „Das gefällt mir nicht.
Du weißt, ich habe Dich lieb, wie ein Bruder nur
ſeine Schweſter lieb haben kann; aber gerade deshalb
muß ich dafür ſorgen, daß Du Dich in keine ſolche
Thorheiten tiefer einläßt. Und ich werde dafür ſorgen,
verlaß Dich d'rauf!“
Damit wandte er ihr den Rücken und ging den
Anderen nach zum Saal hinaus.
Emilie hatte Mühe, ihre Thränen zurückzuhalten.
Ihre Angſt wuchs mit jeder Secunde. Es mußte Rath
geſchafft werden — ſo oder ſo. Das entſchloſſene
Mädchen griff zu einem verzweifelten Mittel.
Sie ging auf Helene zu, die nicht weit von ihr
mit andern Damen auf dem Divan ſaß und ſagte:
„Auf ein Wort, Helene!“
„Was iſt's?“ ſagte Helene, aufſtehend.
„Komm ein wenig weiter hierher. — Helene, Du
haſt den Doctor Stein lieb, nicht wahr?“
„Wie kommſt Du darauf?“ erwiederte Helene und
die Gluth ſchoß ihr in die bleichen Wagen.
„Gleichviel, ich habe ihn auch lieb; ich habe ihn
ſehr lieb, wenn Du willſt — und deshalb bitte ich
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/277>, abgerufen am 23.07.2024.
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