"Lassen Sie mich morgen, oder wann es ist, nach Grünwald gehen und mit Timm sprechen. Ich habe in früheren Zeiten schon manche absonderliche Unter¬ handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere billiger, als Sie, oder ein Anderer."
"Und was soll mit Herrn Stein geschehen?"
"Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort. Wollen Sie mir auch dies Geschäft überlassen?"
"Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien Sie mich von diesem Menschen!"
"Ich will es schon machen. Es findet sich heute Abend schon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es geschieht, desto besser. Es soll ihm schon die Lust vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬ den doch dem Onkel nichts von alle dem sagen."
"Um Himmelswillen nicht!" rief die Baronin. "Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als unsern lieben Verwandten der Gesellschaft vorzustellen. Er ist ja schon beinahe kindisch; ich kann mich von heute an in nichts mehr auf ihn verlassen."
"Nun denn!" sagte Felix, seiner Tante die Hand küssend; "so verlassen Sie sich auf mich. Wir wollen
„Laſſen Sie mich morgen, oder wann es iſt, nach Grünwald gehen und mit Timm ſprechen. Ich habe in früheren Zeiten ſchon manche abſonderliche Unter¬ handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere billiger, als Sie, oder ein Anderer.“
„Und was ſoll mit Herrn Stein geſchehen?“
„Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort. Wollen Sie mir auch dies Geſchäft überlaſſen?“
„Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien Sie mich von dieſem Menſchen!“
„Ich will es ſchon machen. Es findet ſich heute Abend ſchon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es geſchieht, deſto beſſer. Es ſoll ihm ſchon die Luſt vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬ den doch dem Onkel nichts von alle dem ſagen.“
„Um Himmelswillen nicht!“ rief die Baronin. „Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als unſern lieben Verwandten der Geſellſchaft vorzuſtellen. Er iſt ja ſchon beinahe kindiſch; ich kann mich von heute an in nichts mehr auf ihn verlaſſen.“
„Nun denn!“ ſagte Felix, ſeiner Tante die Hand küſſend; „ſo verlaſſen Sie ſich auf mich. Wir wollen
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0242"n="232"/><p>„Laſſen Sie mich morgen, oder wann es iſt, nach<lb/>
Grünwald gehen und mit Timm ſprechen. Ich habe<lb/>
in früheren Zeiten ſchon manche abſonderliche Unter¬<lb/>
handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir<lb/>
kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen<lb/>
wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere<lb/>
billiger, als Sie, oder ein Anderer.“</p><lb/><p>„Und was ſoll mit Herrn Stein geſchehen?“</p><lb/><p>„Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort.<lb/>
Wollen Sie mir auch dies Geſchäft überlaſſen?“</p><lb/><p>„Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien<lb/>
Sie mich von dieſem Menſchen!“</p><lb/><p>„Ich will es ſchon machen. Es findet ſich heute<lb/>
Abend ſchon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es<lb/>
geſchieht, deſto beſſer. Es ſoll ihm ſchon die Luſt<lb/>
vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬<lb/>
den doch dem Onkel nichts von alle dem ſagen.“</p><lb/><p>„Um Himmelswillen nicht!“ rief die Baronin.<lb/>„Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als<lb/>
unſern lieben Verwandten der Geſellſchaft vorzuſtellen.<lb/>
Er iſt ja ſchon beinahe kindiſch; ich kann mich von<lb/>
heute an in nichts mehr auf ihn verlaſſen.“</p><lb/><p>„Nun denn!“ſagte Felix, ſeiner Tante die Hand<lb/>
küſſend; „ſo verlaſſen Sie ſich auf mich. Wir wollen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[232/0242]
„Laſſen Sie mich morgen, oder wann es iſt, nach
Grünwald gehen und mit Timm ſprechen. Ich habe
in früheren Zeiten ſchon manche abſonderliche Unter¬
handlungen mit ihm geführt; er weiß, daß er mir
kein X für ein U machen kann. Ohne Geld kommen
wir freilich nicht los; aber ich kriege die Papiere
billiger, als Sie, oder ein Anderer.“
„Und was ſoll mit Herrn Stein geſchehen?“
„Den jagen wir mit Schimpf und Schande fort.
Wollen Sie mir auch dies Geſchäft überlaſſen?“
„Ja; thun Sie, was Sie wollen, aber befreien
Sie mich von dieſem Menſchen!“
„Ich will es ſchon machen. Es findet ſich heute
Abend ſchon eine Gelegenheit. Mit mehr Eclat es
geſchieht, deſto beſſer. Es ſoll ihm ſchon die Luſt
vergehen, mit uns noch einmal anzubinden. Sie wer¬
den doch dem Onkel nichts von alle dem ſagen.“
„Um Himmelswillen nicht!“ rief die Baronin.
„Er wäre im Stande, heute noch Herrn Stein als
unſern lieben Verwandten der Geſellſchaft vorzuſtellen.
Er iſt ja ſchon beinahe kindiſch; ich kann mich von
heute an in nichts mehr auf ihn verlaſſen.“
„Nun denn!“ ſagte Felix, ſeiner Tante die Hand
küſſend; „ſo verlaſſen Sie ſich auf mich. Wir wollen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/242>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.