und ihre Augen bestätigten sie täglich mehr in der Richtigkeit ihrer Beobachtung. Nun hatte auch Felix zuletzt angefangen, etwas weniger sicher zu sein. Emilie von Breesen's Wort an jenem Abend war wie ein scharf gefiderter Pfeil durch seine Selbstgefälligkeit, in die er sich wie in einen Harnisch hüllte, gedrungen. Die Eifersucht sieht falkenscharf. Emilie fühlte, daß nur die Liebe zu einer Andern diese Veränderung in Oswald bewirkt haben konnte, und mit jener wunder¬ baren Divinationsgabe, die bei den Frauen die schwer¬ fällige Logik des Mannes mehr wie ersetzt, hatte sie im Nu herausgefunden, daß ihre Nebenbuhlerin Nie¬ mand anders sein könne, als die schöne Helene. Felix hatte in seiner raschen Weise den in ihm angeregten Gedanken, um ihn los zu werden, der Baronin mit¬ getheilt, die Baronin in ihrer bedächtigen Weise dar¬ über gebrütet, bis das im Anfang ganz Unglaubliche ihr wahrscheinlicher und immer wahrscheinlicher er¬ schien, und sie zuletzt beschloß, es koste was es wolle, der Sache auf den Grund zu kommen.
Da spielt ihr der Zufall den Brief Helenen's in die Hände. Dieser Brief, an die vertrauteste Freun¬ din ihrer Tochter, mußte ihren Verdacht bestätigen oder zerstreuen, ihr den Schlüssel zu dem Herzen ihrer Tochter liefern. Daß dieser Schlüssel in ihrer
und ihre Augen beſtätigten ſie täglich mehr in der Richtigkeit ihrer Beobachtung. Nun hatte auch Felix zuletzt angefangen, etwas weniger ſicher zu ſein. Emilie von Breeſen's Wort an jenem Abend war wie ein ſcharf gefiderter Pfeil durch ſeine Selbſtgefälligkeit, in die er ſich wie in einen Harniſch hüllte, gedrungen. Die Eiferſucht ſieht falkenſcharf. Emilie fühlte, daß nur die Liebe zu einer Andern dieſe Veränderung in Oswald bewirkt haben konnte, und mit jener wunder¬ baren Divinationsgabe, die bei den Frauen die ſchwer¬ fällige Logik des Mannes mehr wie erſetzt, hatte ſie im Nu herausgefunden, daß ihre Nebenbuhlerin Nie¬ mand anders ſein könne, als die ſchöne Helene. Felix hatte in ſeiner raſchen Weiſe den in ihm angeregten Gedanken, um ihn los zu werden, der Baronin mit¬ getheilt, die Baronin in ihrer bedächtigen Weiſe dar¬ über gebrütet, bis das im Anfang ganz Unglaubliche ihr wahrſcheinlicher und immer wahrſcheinlicher er¬ ſchien, und ſie zuletzt beſchloß, es koſte was es wolle, der Sache auf den Grund zu kommen.
Da ſpielt ihr der Zufall den Brief Helenen's in die Hände. Dieſer Brief, an die vertrauteſte Freun¬ din ihrer Tochter, mußte ihren Verdacht beſtätigen oder zerſtreuen, ihr den Schlüſſel zu dem Herzen ihrer Tochter liefern. Daß dieſer Schlüſſel in ihrer
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und ihre Augen beſtätigten ſie täglich mehr in der
Richtigkeit ihrer Beobachtung. Nun hatte auch Felix
zuletzt angefangen, etwas weniger ſicher zu ſein.
Emilie von Breeſen's Wort an jenem Abend war wie
ein ſcharf gefiderter Pfeil durch ſeine Selbſtgefälligkeit,
in die er ſich wie in einen Harniſch hüllte, gedrungen.
Die Eiferſucht ſieht falkenſcharf. Emilie fühlte, daß
nur die Liebe zu einer Andern dieſe Veränderung in
Oswald bewirkt haben konnte, und mit jener wunder¬
baren Divinationsgabe, die bei den Frauen die ſchwer¬
fällige Logik des Mannes mehr wie erſetzt, hatte ſie
im Nu herausgefunden, daß ihre Nebenbuhlerin Nie¬
mand anders ſein könne, als die ſchöne Helene. Felix
hatte in ſeiner raſchen Weiſe den in ihm angeregten
Gedanken, um ihn los zu werden, der Baronin mit¬
getheilt, die Baronin in ihrer bedächtigen Weiſe dar¬
über gebrütet, bis das im Anfang ganz Unglaubliche
ihr wahrſcheinlicher und immer wahrſcheinlicher er¬
ſchien, und ſie zuletzt beſchloß, es koſte was es wolle,
der Sache auf den Grund zu kommen.
Da ſpielt ihr der Zufall den Brief Helenen's in
die Hände. Dieſer Brief, an die vertrauteſte Freun¬
din ihrer Tochter, mußte ihren Verdacht beſtätigen
oder zerſtreuen, ihr den Schlüſſel zu dem Herzen
ihrer Tochter liefern. Daß dieſer Schlüſſel in ihrer
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/145>, abgerufen am 22.12.2024.
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