mit seinem höfischen, geschmeidigen Wesen, seinem: wie Sie wollen, liebe Tante; -- richten Sie das ganz nach Ihrem Gutdünken ein, liebe Tante -- ihr ganzes Herz gewonnen, so weit sie überhaupt ein Herz hatte.
Desto größere Sorge machte ihr Helene. Sie konnte es sich nicht verhehlen, daß die von beiden Seiten versuchte Annäherung doch zu keinem, oder streng genommen, dem entgegengesetzten Resultat ge¬ führt hatte. Daß sie dabei alle Schuld auf die "un¬ kindliche Gesinnung", auf die "überspannten Ideen" Helenen's schob, war natürlich, änderte aber an der Sache selbst nichts. Und nun mußte sie noch dazu bemerken, daß Helene offenbar ihrem Vater ein größe¬ res Vertrauen schenkte, als ihr; daß sie sich zu Bruno viel mehr hingezogen zu fühlen schien, als zu ihrem Bruder Malte; daß sie gegen Oswald, selbst gegen Albert artiger und zuvorkommender war, als gegen ihren Cousin. Felix hatte gelacht, als ihm die Ba¬ ronin diese Bemerkung mittheilte; er hatte dies für ein gutes Zeichen erklärt. Je ungezogener, je besser! hatte der Ex-Lieutenant gemeint; und dabei einen Vergleich zwischen Pferden und Mädchen, der etwas stark nach der Wachtstube schmeckte, gezogen. Indessen die Baronin pflegte ihren eigenen Augen zu trauen,
mit ſeinem höfiſchen, geſchmeidigen Weſen, ſeinem: wie Sie wollen, liebe Tante; — richten Sie das ganz nach Ihrem Gutdünken ein, liebe Tante — ihr ganzes Herz gewonnen, ſo weit ſie überhaupt ein Herz hatte.
Deſto größere Sorge machte ihr Helene. Sie konnte es ſich nicht verhehlen, daß die von beiden Seiten verſuchte Annäherung doch zu keinem, oder ſtreng genommen, dem entgegengeſetzten Reſultat ge¬ führt hatte. Daß ſie dabei alle Schuld auf die „un¬ kindliche Geſinnung“, auf die „überſpannten Ideen“ Helenen's ſchob, war natürlich, änderte aber an der Sache ſelbſt nichts. Und nun mußte ſie noch dazu bemerken, daß Helene offenbar ihrem Vater ein größe¬ res Vertrauen ſchenkte, als ihr; daß ſie ſich zu Bruno viel mehr hingezogen zu fühlen ſchien, als zu ihrem Bruder Malte; daß ſie gegen Oswald, ſelbſt gegen Albert artiger und zuvorkommender war, als gegen ihren Couſin. Felix hatte gelacht, als ihm die Ba¬ ronin dieſe Bemerkung mittheilte; er hatte dies für ein gutes Zeichen erklärt. Je ungezogener, je beſſer! hatte der Ex-Lieutenant gemeint; und dabei einen Vergleich zwiſchen Pferden und Mädchen, der etwas ſtark nach der Wachtſtube ſchmeckte, gezogen. Indeſſen die Baronin pflegte ihren eigenen Augen zu trauen,
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mit ſeinem höfiſchen, geſchmeidigen Weſen, ſeinem:
wie Sie wollen, liebe Tante; — richten Sie das
ganz nach Ihrem Gutdünken ein, liebe Tante — ihr
ganzes Herz gewonnen, ſo weit ſie überhaupt ein
Herz hatte.
Deſto größere Sorge machte ihr Helene. Sie
konnte es ſich nicht verhehlen, daß die von beiden
Seiten verſuchte Annäherung doch zu keinem, oder
ſtreng genommen, dem entgegengeſetzten Reſultat ge¬
führt hatte. Daß ſie dabei alle Schuld auf die „un¬
kindliche Geſinnung“, auf die „überſpannten Ideen“
Helenen's ſchob, war natürlich, änderte aber an der
Sache ſelbſt nichts. Und nun mußte ſie noch dazu
bemerken, daß Helene offenbar ihrem Vater ein größe¬
res Vertrauen ſchenkte, als ihr; daß ſie ſich zu Bruno
viel mehr hingezogen zu fühlen ſchien, als zu ihrem
Bruder Malte; daß ſie gegen Oswald, ſelbſt gegen
Albert artiger und zuvorkommender war, als gegen
ihren Couſin. Felix hatte gelacht, als ihm die Ba¬
ronin dieſe Bemerkung mittheilte; er hatte dies für
ein gutes Zeichen erklärt. Je ungezogener, je beſſer!
hatte der Ex-Lieutenant gemeint; und dabei einen
Vergleich zwiſchen Pferden und Mädchen, der etwas
ſtark nach der Wachtſtube ſchmeckte, gezogen. Indeſſen
die Baronin pflegte ihren eigenen Augen zu trauen,
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/144>, abgerufen am 22.12.2024.
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