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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

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hastig," sagte Herr Bemperlein. "Es ist eine schwere
Aufgabe, die Ihnen zugemuthet wird; aber wo viel
Licht ist, da ist auch viel Schatten. Wir werden fleißig
schreiben -- Sie sollen von jedem Schritte, den wir
thun, Nachricht erhalten. Und dann hoffe ich, daß
unsere Reise nicht lange dauert, und vor allem, daß
Herr von Berkow schon gestorben ist, wenn wir in
N. angekommen."

"Das hoffen Sie? und doch scheinen Sie diese
Reise für nothwendig zu halten?"

"Gewiß," sagte Herr Bemperlein. "Es giebt ge¬
wisse traurige Pflichten, die man erfüllen muß, nicht
der Welt wegen, die uns nicht schelten könnte und
schelten würde, wollten wir sie unerfüllt lassen; nicht
des Andern wegen, dem unsere Opferfreudigkeit zugute
kommt, und den wir vielleicht weder lieben noch achten,
sondern um der Achtung willen, die wir vor uns
selber haben. Doch was demonstrire ich Ihnen noch
lange vor, was Sie so gut und noch besser wissen
wie ich. Sie haben ja auch zu dieser Reise gerathen,
obgleich Sie doch am meisten dabei verlieren. Es
muß eine schauerliche Empfindung sein, so plötzlich aus
allen seinen Himmeln gerissen zu werden. Seltsam!
seltsam! je länger ich über dies Alles nachdenke,
desto begreiflicher wird es mir. Ja, ja -- daß Sie

haſtig,“ ſagte Herr Bemperlein. „Es iſt eine ſchwere
Aufgabe, die Ihnen zugemuthet wird; aber wo viel
Licht iſt, da iſt auch viel Schatten. Wir werden fleißig
ſchreiben — Sie ſollen von jedem Schritte, den wir
thun, Nachricht erhalten. Und dann hoffe ich, daß
unſere Reiſe nicht lange dauert, und vor allem, daß
Herr von Berkow ſchon geſtorben iſt, wenn wir in
N. angekommen.“

„Das hoffen Sie? und doch ſcheinen Sie dieſe
Reiſe für nothwendig zu halten?“

„Gewiß,“ ſagte Herr Bemperlein. „Es giebt ge¬
wiſſe traurige Pflichten, die man erfüllen muß, nicht
der Welt wegen, die uns nicht ſchelten könnte und
ſchelten würde, wollten wir ſie unerfüllt laſſen; nicht
des Andern wegen, dem unſere Opferfreudigkeit zugute
kommt, und den wir vielleicht weder lieben noch achten,
ſondern um der Achtung willen, die wir vor uns
ſelber haben. Doch was demonſtrire ich Ihnen noch
lange vor, was Sie ſo gut und noch beſſer wiſſen
wie ich. Sie haben ja auch zu dieſer Reiſe gerathen,
obgleich Sie doch am meiſten dabei verlieren. Es
muß eine ſchauerliche Empfindung ſein, ſo plötzlich aus
allen ſeinen Himmeln geriſſen zu werden. Seltſam!
ſeltſam! je länger ich über dies Alles nachdenke,
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[80/0090] haſtig,“ ſagte Herr Bemperlein. „Es iſt eine ſchwere Aufgabe, die Ihnen zugemuthet wird; aber wo viel Licht iſt, da iſt auch viel Schatten. Wir werden fleißig ſchreiben — Sie ſollen von jedem Schritte, den wir thun, Nachricht erhalten. Und dann hoffe ich, daß unſere Reiſe nicht lange dauert, und vor allem, daß Herr von Berkow ſchon geſtorben iſt, wenn wir in N. angekommen.“ „Das hoffen Sie? und doch ſcheinen Sie dieſe Reiſe für nothwendig zu halten?“ „Gewiß,“ ſagte Herr Bemperlein. „Es giebt ge¬ wiſſe traurige Pflichten, die man erfüllen muß, nicht der Welt wegen, die uns nicht ſchelten könnte und ſchelten würde, wollten wir ſie unerfüllt laſſen; nicht des Andern wegen, dem unſere Opferfreudigkeit zugute kommt, und den wir vielleicht weder lieben noch achten, ſondern um der Achtung willen, die wir vor uns ſelber haben. Doch was demonſtrire ich Ihnen noch lange vor, was Sie ſo gut und noch beſſer wiſſen wie ich. Sie haben ja auch zu dieſer Reiſe gerathen, obgleich Sie doch am meiſten dabei verlieren. Es muß eine ſchauerliche Empfindung ſein, ſo plötzlich aus allen ſeinen Himmeln geriſſen zu werden. Seltſam! ſeltſam! je länger ich über dies Alles nachdenke, deſto begreiflicher wird es mir. Ja, ja — daß Sie

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/90>, abgerufen am 24.11.2024.