Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.Schlaf erwachend, sich noch nicht von der Wirklichkeit Melitta hatte den Brief gelesen: "Da, Oswald," Oswald durchflog das Schreiben, welches, wie "Du mußt reisen, Melitta, ohne Frage," sagte Melitta warf sich stürmisch in die Arme ihres Ge¬ "Ich bin in dieser Absicht hierher gekommen, gnä¬ Schlaf erwachend, ſich noch nicht von der Wirklichkeit Melitta hatte den Brief geleſen: „Da, Oswald,“ Oswald durchflog das Schreiben, welches, wie „Du mußt reiſen, Melitta, ohne Frage,“ ſagte Melitta warf ſich ſtürmiſch in die Arme ihres Ge¬ „Ich bin in dieſer Abſicht hierher gekommen, gnä¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0087" n="77"/> Schlaf erwachend, ſich noch nicht von der Wirklichkeit<lb/> deſſen, was er vor ſeinen Augen ſieht, überzeugen<lb/> kann.</p><lb/> <p>Melitta hatte den Brief geleſen: „Da, Oswald,“<lb/> ſagte ſie, „lies und ſage, was ſoll ich thun.“</p><lb/> <p>Oswald durchflog das Schreiben, welches, wie<lb/> Bemperlein ſchon geſagt hatte, Melitta auffor¬<lb/> derte, ſich ſofort auf den Weg zu machen, falls ſie<lb/> den ſterbenden Gatten noch einmal zu ſprechen wünſche.</p><lb/> <p>„Du mußt reiſen, Melitta, ohne Frage,“ ſagte<lb/> Oswald, den Brief wieder zuſammenfaltend. „Du<lb/> würdeſt es Dir nie vergeben können, wollteſt Du jetzt<lb/> dieſe Pflicht nicht erfüllen.“</p><lb/> <p>Melitta warf ſich ſtürmiſch in die Arme ihres Ge¬<lb/> liebten: „Es war von vornherein mein Wille zu reiſen;<lb/> ich wollte ihn nur von Dir beſtätigt hören,“ ſagte<lb/> ſie. „Ich reiſe noch in dieſer Nacht, noch in dieſer<lb/> Stunde. — Wollen Sie mich begleiten, lieber Bem¬<lb/> perlein?“</p><lb/> <p>„Ich bin in dieſer Abſicht hierher gekommen, gnä¬<lb/> dige Frau,“ ſagte Herr Bemperlein, „und habe den<lb/> Reiſeplan ſchon entworfen. Wenn wir in einer Stunde<lb/> etwa aufbrechen, ſind wir noch vor Sonnenaufgang<lb/> an der Fähre. Drüben nehmen wir Extrapoſt bis P.,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0087]
Schlaf erwachend, ſich noch nicht von der Wirklichkeit
deſſen, was er vor ſeinen Augen ſieht, überzeugen
kann.
Melitta hatte den Brief geleſen: „Da, Oswald,“
ſagte ſie, „lies und ſage, was ſoll ich thun.“
Oswald durchflog das Schreiben, welches, wie
Bemperlein ſchon geſagt hatte, Melitta auffor¬
derte, ſich ſofort auf den Weg zu machen, falls ſie
den ſterbenden Gatten noch einmal zu ſprechen wünſche.
„Du mußt reiſen, Melitta, ohne Frage,“ ſagte
Oswald, den Brief wieder zuſammenfaltend. „Du
würdeſt es Dir nie vergeben können, wollteſt Du jetzt
dieſe Pflicht nicht erfüllen.“
Melitta warf ſich ſtürmiſch in die Arme ihres Ge¬
liebten: „Es war von vornherein mein Wille zu reiſen;
ich wollte ihn nur von Dir beſtätigt hören,“ ſagte
ſie. „Ich reiſe noch in dieſer Nacht, noch in dieſer
Stunde. — Wollen Sie mich begleiten, lieber Bem¬
perlein?“
„Ich bin in dieſer Abſicht hierher gekommen, gnä¬
dige Frau,“ ſagte Herr Bemperlein, „und habe den
Reiſeplan ſchon entworfen. Wenn wir in einer Stunde
etwa aufbrechen, ſind wir noch vor Sonnenaufgang
an der Fähre. Drüben nehmen wir Extrapoſt bis P.,
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