Adalbert, was um so auffallender war, als er, der Lebemann, den tiefsinnigen, melancholischen, und um so viel jüngeren Baron -- den Jüngling von Sais nannte er ihn -- früher stets verlacht, verspottet und eigentlich wohl gehaßt hatte. Jetzt begleitete er ihn auf Tritt und Schritt, jetzt war Oldenburg's Stimme die einzige, welche die finstern Dämonen, die um sein Haupt die Flügel schlugen, auf Augenblicke wenigstens verscheuchen konnte. Und die Aufopferung, mit der Oldenburg sich diesem Liebesdienst unterzog, ist nicht hoch genug anzuerkennen und ich müßte sie ihm, so lange ich lebe, danken. Dann kam die Katastrophe. Oldenburg stand mir in diesen schweren Tagen treu zur Seite; oder genauer: er nahm alle Last und Ver¬ antwortung so ganz auf sich und leitete Alles mit solcher Energie und Umsicht, daß ich nur immer Ja zu sagen hatte.
Carlo war in eine Anstalt im südlichen Deutsch¬ land gebracht und ich war allein hier auf Berkow, mich ganz der Erziehung meines Julius, der damals fünf Jahre alt war, und dem ich auf Oldenburg's Rath schon jetzt in Bemperlein einen Freund und Lehrer gegeben hatte, widmend. Oldenburg kam jetzt seltener als früher, aber doch noch immer sehr häufig, wie mir schien. Ich glaubte zu bemerken, daß sich
Adalbert, was um ſo auffallender war, als er, der Lebemann, den tiefſinnigen, melancholiſchen, und um ſo viel jüngeren Baron — den Jüngling von Sais nannte er ihn — früher ſtets verlacht, verſpottet und eigentlich wohl gehaßt hatte. Jetzt begleitete er ihn auf Tritt und Schritt, jetzt war Oldenburg's Stimme die einzige, welche die finſtern Dämonen, die um ſein Haupt die Flügel ſchlugen, auf Augenblicke wenigſtens verſcheuchen konnte. Und die Aufopferung, mit der Oldenburg ſich dieſem Liebesdienſt unterzog, iſt nicht hoch genug anzuerkennen und ich müßte ſie ihm, ſo lange ich lebe, danken. Dann kam die Kataſtrophe. Oldenburg ſtand mir in dieſen ſchweren Tagen treu zur Seite; oder genauer: er nahm alle Laſt und Ver¬ antwortung ſo ganz auf ſich und leitete Alles mit ſolcher Energie und Umſicht, daß ich nur immer Ja zu ſagen hatte.
Carlo war in eine Anſtalt im ſüdlichen Deutſch¬ land gebracht und ich war allein hier auf Berkow, mich ganz der Erziehung meines Julius, der damals fünf Jahre alt war, und dem ich auf Oldenburg's Rath ſchon jetzt in Bemperlein einen Freund und Lehrer gegeben hatte, widmend. Oldenburg kam jetzt ſeltener als früher, aber doch noch immer ſehr häufig, wie mir ſchien. Ich glaubte zu bemerken, daß ſich
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Adalbert, was um ſo auffallender war, als er, der
Lebemann, den tiefſinnigen, melancholiſchen, und um
ſo viel jüngeren Baron — den Jüngling von Sais
nannte er ihn — früher ſtets verlacht, verſpottet und
eigentlich wohl gehaßt hatte. Jetzt begleitete er ihn
auf Tritt und Schritt, jetzt war Oldenburg's Stimme
die einzige, welche die finſtern Dämonen, die um ſein
Haupt die Flügel ſchlugen, auf Augenblicke wenigſtens
verſcheuchen konnte. Und die Aufopferung, mit der
Oldenburg ſich dieſem Liebesdienſt unterzog, iſt nicht
hoch genug anzuerkennen und ich müßte ſie ihm, ſo
lange ich lebe, danken. Dann kam die Kataſtrophe.
Oldenburg ſtand mir in dieſen ſchweren Tagen treu
zur Seite; oder genauer: er nahm alle Laſt und Ver¬
antwortung ſo ganz auf ſich und leitete Alles mit
ſolcher Energie und Umſicht, daß ich nur immer Ja
zu ſagen hatte.
Carlo war in eine Anſtalt im ſüdlichen Deutſch¬
land gebracht und ich war allein hier auf Berkow,
mich ganz der Erziehung meines Julius, der damals
fünf Jahre alt war, und dem ich auf Oldenburg's
Rath ſchon jetzt in Bemperlein einen Freund und
Lehrer gegeben hatte, widmend. Oldenburg kam jetzt
ſeltener als früher, aber doch noch immer ſehr häufig,
wie mir ſchien. Ich glaubte zu bemerken, daß ſich
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/80>, abgerufen am 16.07.2024.
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