Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.Baron, "aber er wird recht oft herkommen. Nicht Die Thür nach dem Vorsaal wurde geöffnet und "Ich kann sie nicht -- ah! da ist sie ja. Wo So sprach die Matrone, das Kind mit sanfter Ge¬ "Sie müssen wissen, daß eine große Liebe zwischen Baron, „aber er wird recht oft herkommen. Nicht Die Thür nach dem Vorſaal wurde geöffnet und „Ich kann ſie nicht — ah! da iſt ſie ja. Wo So ſprach die Matrone, das Kind mit ſanfter Ge¬ „Sie müſſen wiſſen, daß eine große Liebe zwiſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="32"/> Baron, „aber er wird recht oft herkommen. Nicht<lb/> wahr, Doctor?“</p><lb/> <p>Die Thür nach dem Vorſaal wurde geöffnet und<lb/> Madame Müller, oder Thusnelda, wie ſie der Baron<lb/> nannte, ſchaute herein.</p><lb/> <p>„Ich kann ſie nicht — ah! da iſt ſie ja. Wo<lb/> biſt Du denn geweſen, mein Herzenspüppchen? komm,<lb/> ich will Dich ein wenig zurecht machen. Wie Du<lb/> wieder ausſiehſt — ganz voll Haidekraut, wie ge¬<lb/> wöhnlich; was ſollen die Herren von uns denken...“</p><lb/> <p>So ſprach die Matrone, das Kind mit ſanfter Ge¬<lb/> walt an der Hand aus dem Zimmer führend.</p><lb/> <p>„Sie müſſen wiſſen, daß eine große Liebe zwiſchen<lb/> den Beiden beſteht,“ ſagte der Baron. „Meine alte<lb/> Amme hat viel blühende Kinder gehabt, die alle früh¬<lb/> zeitig geſtorben ſind. Anderer Frauen Herz wird durch<lb/> ſolches Unglück oft verhärtet, aber Thusnelda's Herz<lb/> iſt weich geblieben, und jetzt liebt ſie die Czika, als<lb/> wäre ſie ihr Erſtgeborenes. Das iſt nun aber gerade,<lb/> als wenn eine Taube einen Falken ausgebrütet hätte.<lb/> Czika's Tendenzen zu einem möglichſt ungebundenen<lb/> Daſein bringen die arme alte Dame alle Tage zehn¬<lb/> mal in die größte Noth und Verzweiflung. Und dann<lb/> iſt noch ein Umſtand. Thusnelda iſt gut kirchen¬<lb/> fromm — und Czika hat — <hi rendition="#aq">horribile dictu</hi> — gar<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0042]
Baron, „aber er wird recht oft herkommen. Nicht
wahr, Doctor?“
Die Thür nach dem Vorſaal wurde geöffnet und
Madame Müller, oder Thusnelda, wie ſie der Baron
nannte, ſchaute herein.
„Ich kann ſie nicht — ah! da iſt ſie ja. Wo
biſt Du denn geweſen, mein Herzenspüppchen? komm,
ich will Dich ein wenig zurecht machen. Wie Du
wieder ausſiehſt — ganz voll Haidekraut, wie ge¬
wöhnlich; was ſollen die Herren von uns denken...“
So ſprach die Matrone, das Kind mit ſanfter Ge¬
walt an der Hand aus dem Zimmer führend.
„Sie müſſen wiſſen, daß eine große Liebe zwiſchen
den Beiden beſteht,“ ſagte der Baron. „Meine alte
Amme hat viel blühende Kinder gehabt, die alle früh¬
zeitig geſtorben ſind. Anderer Frauen Herz wird durch
ſolches Unglück oft verhärtet, aber Thusnelda's Herz
iſt weich geblieben, und jetzt liebt ſie die Czika, als
wäre ſie ihr Erſtgeborenes. Das iſt nun aber gerade,
als wenn eine Taube einen Falken ausgebrütet hätte.
Czika's Tendenzen zu einem möglichſt ungebundenen
Daſein bringen die arme alte Dame alle Tage zehn¬
mal in die größte Noth und Verzweiflung. Und dann
iſt noch ein Umſtand. Thusnelda iſt gut kirchen¬
fromm — und Czika hat — horribile dictu — gar
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |