sich für Frau von Berkow interessirt, weil sie für den liebenswürdigen, aus Muthwillen, Schalkheit und Gutmüthigkeit wunderbar gemischten Charakter dieser Dame unendlich bezeichnend ist."
Der Baron sagte das einfach und so ruhig, als hätte es niemals eine Zeit gegeben, wo er für ein Lächeln "dieser Dame" sein Leben auf's Spiel gesetzt haben würde.
"Aber wollen wir nicht hineingehen," fuhr er fort, "ich sehe, Hermann, mein Rabe und Factotum, hat einen Tisch mit allerlei Appetitlichem gar zierlich ge¬ deckt, und dort kommt auch Thusnelda, seine Ge¬ mahlin und meine Amme, um uns feierlich zum Ves¬ perbrod zu laden."
Eine alte, sehr würdig aussehende Frau von statt¬ lichem Umfange erschien in der Glasthüre, machte einen tiefen Knix und sagte:
"Herr Baron, es ist angerichtet."
"Schön," sagte Oldenburg; "hast Du die Czika nicht gesehen?"
"Ich dachte, sie wäre beim Herrn Baron," ant¬ wortete die Matrone, ängstlich umherblickend.
"Nein. Bring sie doch herauf, wenn sie unter¬ dessen kommen sollte. Du kannst Dich einmal nach ihr umsehen. Kommen Sie, Doctor, ich hoffe, der
ſich für Frau von Berkow intereſſirt, weil ſie für den liebenswürdigen, aus Muthwillen, Schalkheit und Gutmüthigkeit wunderbar gemiſchten Charakter dieſer Dame unendlich bezeichnend iſt.“
Der Baron ſagte das einfach und ſo ruhig, als hätte es niemals eine Zeit gegeben, wo er für ein Lächeln „dieſer Dame“ ſein Leben auf's Spiel geſetzt haben würde.
„Aber wollen wir nicht hineingehen,“ fuhr er fort, „ich ſehe, Hermann, mein Rabe und Factotum, hat einen Tiſch mit allerlei Appetitlichem gar zierlich ge¬ deckt, und dort kommt auch Thusnelda, ſeine Ge¬ mahlin und meine Amme, um uns feierlich zum Ves¬ perbrod zu laden.“
Eine alte, ſehr würdig ausſehende Frau von ſtatt¬ lichem Umfange erſchien in der Glasthüre, machte einen tiefen Knix und ſagte:
„Herr Baron, es iſt angerichtet.“
„Schön,“ ſagte Oldenburg; „haſt Du die Czika nicht geſehen?“
„Ich dachte, ſie wäre beim Herrn Baron,“ ant¬ wortete die Matrone, ängſtlich umherblickend.
„Nein. Bring ſie doch herauf, wenn ſie unter¬ deſſen kommen ſollte. Du kannſt Dich einmal nach ihr umſehen. Kommen Sie, Doctor, ich hoffe, der
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ſich für Frau von Berkow intereſſirt, weil ſie für den
liebenswürdigen, aus Muthwillen, Schalkheit und
Gutmüthigkeit wunderbar gemiſchten Charakter dieſer
Dame unendlich bezeichnend iſt.“
Der Baron ſagte das einfach und ſo ruhig, als
hätte es niemals eine Zeit gegeben, wo er für ein
Lächeln „dieſer Dame“ ſein Leben auf's Spiel geſetzt
haben würde.
„Aber wollen wir nicht hineingehen,“ fuhr er fort,
„ich ſehe, Hermann, mein Rabe und Factotum, hat
einen Tiſch mit allerlei Appetitlichem gar zierlich ge¬
deckt, und dort kommt auch Thusnelda, ſeine Ge¬
mahlin und meine Amme, um uns feierlich zum Ves¬
perbrod zu laden.“
Eine alte, ſehr würdig ausſehende Frau von ſtatt¬
lichem Umfange erſchien in der Glasthüre, machte
einen tiefen Knix und ſagte:
„Herr Baron, es iſt angerichtet.“
„Schön,“ ſagte Oldenburg; „haſt Du die Czika
nicht geſehen?“
„Ich dachte, ſie wäre beim Herrn Baron,“ ant¬
wortete die Matrone, ängſtlich umherblickend.
„Nein. Bring ſie doch herauf, wenn ſie unter¬
deſſen kommen ſollte. Du kannſt Dich einmal nach
ihr umſehen. Kommen Sie, Doctor, ich hoffe, der
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/33>, abgerufen am 16.07.2024.
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