illegitimen Sprößlinge, weniger hoch, als wohlgeboren zu sein, zu erfreuen gehabt. Die Mutter also, oder das Kind, oder Beide leben noch. Leben Sie aber -- und ich wünsche und hoffe es -- so wissen sie ent¬ weder nichts von dem kostbaren Codicill zum Testa¬ mente des seligen Bruder Liederlich, oder sie sind da¬ von unterrichtet. In dem letzteren Fall, der nicht sehr wahrscheinlich ist, -- denn vor einer so fetten gebratenen Taube den Mund zu verschließen, über¬ stiege doch Alles, was ich von menschlicher Dumm¬ heit bis jetzt gehört und gesehen habe, und das will sehr viel sagen, -- müßte man sie zu bestimmen suchen, von ihrem guten Rechte Gebrauch zu machen; in dem ersten Fall, dem bei weitem wahrscheinlicheren, müßte man ihrer erbarmungswürdigen Unwissenheit freundlichst zu Hülfe kommen; in jedem Falle -- und da liegt der Hase im Pfeffer -- müßte man erst wissen, wo sie denn überhaupt zur Zeit sich befinden. Daß sie sich in allzugroßer Nähe einen Zufluchtsort gesucht haben sollten, ist nicht anzunehmen. Denn einmal würde sie Harald, der jedenfalls keine Mittel unbenutzt ließ und das Geld nicht schonte, nach der Flucht gefunden haben, zweitens pflegen die Leute bei solchen Gelegenheiten so weit zu laufen, als es irgend möglich ist, und drittens scheint dieser Monsieur
illegitimen Sprößlinge, weniger hoch, als wohlgeboren zu ſein, zu erfreuen gehabt. Die Mutter alſo, oder das Kind, oder Beide leben noch. Leben Sie aber — und ich wünſche und hoffe es — ſo wiſſen ſie ent¬ weder nichts von dem koſtbaren Codicill zum Teſta¬ mente des ſeligen Bruder Liederlich, oder ſie ſind da¬ von unterrichtet. In dem letzteren Fall, der nicht ſehr wahrſcheinlich iſt, — denn vor einer ſo fetten gebratenen Taube den Mund zu verſchließen, über¬ ſtiege doch Alles, was ich von menſchlicher Dumm¬ heit bis jetzt gehört und geſehen habe, und das will ſehr viel ſagen, — müßte man ſie zu beſtimmen ſuchen, von ihrem guten Rechte Gebrauch zu machen; in dem erſten Fall, dem bei weitem wahrſcheinlicheren, müßte man ihrer erbarmungswürdigen Unwiſſenheit freundlichſt zu Hülfe kommen; in jedem Falle — und da liegt der Haſe im Pfeffer — müßte man erſt wiſſen, wo ſie denn überhaupt zur Zeit ſich befinden. Daß ſie ſich in allzugroßer Nähe einen Zufluchtsort geſucht haben ſollten, iſt nicht anzunehmen. Denn einmal würde ſie Harald, der jedenfalls keine Mittel unbenutzt ließ und das Geld nicht ſchonte, nach der Flucht gefunden haben, zweitens pflegen die Leute bei ſolchen Gelegenheiten ſo weit zu laufen, als es irgend möglich iſt, und drittens ſcheint dieſer Monſieur
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illegitimen Sprößlinge, weniger hoch, als wohlgeboren
zu ſein, zu erfreuen gehabt. Die Mutter alſo, oder
das Kind, oder Beide leben noch. Leben Sie aber —
und ich wünſche und hoffe es — ſo wiſſen ſie ent¬
weder nichts von dem koſtbaren Codicill zum Teſta¬
mente des ſeligen Bruder Liederlich, oder ſie ſind da¬
von unterrichtet. In dem letzteren Fall, der nicht
ſehr wahrſcheinlich iſt, — denn vor einer ſo fetten
gebratenen Taube den Mund zu verſchließen, über¬
ſtiege doch Alles, was ich von menſchlicher Dumm¬
heit bis jetzt gehört und geſehen habe, und das will
ſehr viel ſagen, — müßte man ſie zu beſtimmen
ſuchen, von ihrem guten Rechte Gebrauch zu machen;
in dem erſten Fall, dem bei weitem wahrſcheinlicheren,
müßte man ihrer erbarmungswürdigen Unwiſſenheit
freundlichſt zu Hülfe kommen; in jedem Falle — und
da liegt der Haſe im Pfeffer — müßte man erſt
wiſſen, wo ſie denn überhaupt zur Zeit ſich befinden.
Daß ſie ſich in allzugroßer Nähe einen Zufluchtsort
geſucht haben ſollten, iſt nicht anzunehmen. Denn
einmal würde ſie Harald, der jedenfalls keine Mittel
unbenutzt ließ und das Geld nicht ſchonte, nach der
Flucht gefunden haben, zweitens pflegen die Leute bei
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/227>, abgerufen am 16.02.2025.
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