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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

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Bruno am ersten Abend hätte ihm einen Aufschluß
geben müssen. Wie Helene's Name dort wieder und
immer wiederkehrte, so ließ sich jetzt Alles, was der
Knabe sagte und that, schließlich auf Helene zurück¬
beziehen, obgleich er allerdings, dem Vogel gleich, der
durch Hin- und Herflattern den Verfolger von seinem
Nest fortzulocken sucht, sorgfältig darauf bedacht war,
Andere vorzuschieben und sich für Helene gerade am
wenigsten zu interessiren schien. Denn nicht nur die
Schande, auch die Liebe wird heimlich geboren und
in Heimlichkeit gepflegt und genährt, zumal wenn das
Herz, das sie gebar, jung und unschuldig ist, so un¬
schuldig, daß es kaum weiß, wie ihm geschah, und
nur das Eine fühlt, daß ein Gott es berührt hat.
Was ist nur mit dem Knaben, fragten sich die Andern,
wenn sie sahen, wie seine dunkeln Augen leuchteten,
wie stolz und kühn seine Haltung, wie elastisch sein
Schritt war; wenn sie seine Stimme hörten, die bald
so weich war, wie lauer Abendwind, bald in der Auf¬
regung des Spiels, oder wenn sonst etwas seine Ener¬
gie herausforderte, klar und scharf und machtvoll wie
Trommetenton.

Und wenn es wirklich manchmal schien, als ob
Bruno nur seiner schönen Cousine zu Liebe dem Ein¬
siedlerleben entsagt habe, so konnte dies um so we¬

Bruno am erſten Abend hätte ihm einen Aufſchluß
geben müſſen. Wie Helene's Name dort wieder und
immer wiederkehrte, ſo ließ ſich jetzt Alles, was der
Knabe ſagte und that, ſchließlich auf Helene zurück¬
beziehen, obgleich er allerdings, dem Vogel gleich, der
durch Hin- und Herflattern den Verfolger von ſeinem
Neſt fortzulocken ſucht, ſorgfältig darauf bedacht war,
Andere vorzuſchieben und ſich für Helene gerade am
wenigſten zu intereſſiren ſchien. Denn nicht nur die
Schande, auch die Liebe wird heimlich geboren und
in Heimlichkeit gepflegt und genährt, zumal wenn das
Herz, das ſie gebar, jung und unſchuldig iſt, ſo un¬
ſchuldig, daß es kaum weiß, wie ihm geſchah, und
nur das Eine fühlt, daß ein Gott es berührt hat.
Was iſt nur mit dem Knaben, fragten ſich die Andern,
wenn ſie ſahen, wie ſeine dunkeln Augen leuchteten,
wie ſtolz und kühn ſeine Haltung, wie elaſtiſch ſein
Schritt war; wenn ſie ſeine Stimme hörten, die bald
ſo weich war, wie lauer Abendwind, bald in der Auf¬
regung des Spiels, oder wenn ſonſt etwas ſeine Ener¬
gie herausforderte, klar und ſcharf und machtvoll wie
Trommetenton.

Und wenn es wirklich manchmal ſchien, als ob
Bruno nur ſeiner ſchönen Couſine zu Liebe dem Ein¬
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[174/0184] Bruno am erſten Abend hätte ihm einen Aufſchluß geben müſſen. Wie Helene's Name dort wieder und immer wiederkehrte, ſo ließ ſich jetzt Alles, was der Knabe ſagte und that, ſchließlich auf Helene zurück¬ beziehen, obgleich er allerdings, dem Vogel gleich, der durch Hin- und Herflattern den Verfolger von ſeinem Neſt fortzulocken ſucht, ſorgfältig darauf bedacht war, Andere vorzuſchieben und ſich für Helene gerade am wenigſten zu intereſſiren ſchien. Denn nicht nur die Schande, auch die Liebe wird heimlich geboren und in Heimlichkeit gepflegt und genährt, zumal wenn das Herz, das ſie gebar, jung und unſchuldig iſt, ſo un¬ ſchuldig, daß es kaum weiß, wie ihm geſchah, und nur das Eine fühlt, daß ein Gott es berührt hat. Was iſt nur mit dem Knaben, fragten ſich die Andern, wenn ſie ſahen, wie ſeine dunkeln Augen leuchteten, wie ſtolz und kühn ſeine Haltung, wie elaſtiſch ſein Schritt war; wenn ſie ſeine Stimme hörten, die bald ſo weich war, wie lauer Abendwind, bald in der Auf¬ regung des Spiels, oder wenn ſonſt etwas ſeine Ener¬ gie herausforderte, klar und ſcharf und machtvoll wie Trommetenton. Und wenn es wirklich manchmal ſchien, als ob Bruno nur ſeiner ſchönen Couſine zu Liebe dem Ein¬ ſiedlerleben entſagt habe, ſo konnte dies um ſo we¬

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/184>, abgerufen am 22.11.2024.