Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

ein bischen französisch und was noch sonst in meinen
alten Kopf hineinwollte. Und hernach habe ich sie
reiten gelehrt, daß ihr nun wol so leicht keine darin
gleichkommt; und so bin ich wieder mit ihr jung ge¬
wesen und hab' mich nie nach Kindern gesehnt, denn
sie war ja mein liebes, herziges Kind, obgleich ich
nur ein armer unwissender Reitersmann und sie ein
fürnehmes, hochadliges Fräulein war. Und ich habe
manchmal so in meinem Sinn gedacht: ob sie es nicht
besser im Leben gehabt hätte, wenn sie wirklich mein
Kind gewesen wäre. Denn vornehm sein und reich
sein, das ist Alles recht gut, aber ich meine doch, wen
Gott lieb hat, den läßt er arm geboren werden. Ich
wäre nie auf den Gedanken gekommen, mein eigen
Fleisch und Blut um schnöden Mammon zu verkaufen;
ich hätte nie vor meinem Kinde auf den Knien gele¬
gen und geflennt: dein Vater ist ehrlos, wenn Du
nicht den und den heiratest, von dem ich wol weiß,
daß Du ihn nicht liebst, der aber so viel Geld hat,
daß er all meine Schulden bezahlen kann und doch
noch genug für euch Beide behält. Und es stand gar
nicht einmal so schlimm mit Herrn von Barnewitz.
Was er im Spiel verloren hatte, konnte er auch im
Spiel wieder gewinnen, und hat's auch hernach zum
Theil wieder gewonnen, so daß er später, wenn er

ein bischen franzöſiſch und was noch ſonſt in meinen
alten Kopf hineinwollte. Und hernach habe ich ſie
reiten gelehrt, daß ihr nun wol ſo leicht keine darin
gleichkommt; und ſo bin ich wieder mit ihr jung ge¬
weſen und hab' mich nie nach Kindern geſehnt, denn
ſie war ja mein liebes, herziges Kind, obgleich ich
nur ein armer unwiſſender Reitersmann und ſie ein
fürnehmes, hochadliges Fräulein war. Und ich habe
manchmal ſo in meinem Sinn gedacht: ob ſie es nicht
beſſer im Leben gehabt hätte, wenn ſie wirklich mein
Kind geweſen wäre. Denn vornehm ſein und reich
ſein, das iſt Alles recht gut, aber ich meine doch, wen
Gott lieb hat, den läßt er arm geboren werden. Ich
wäre nie auf den Gedanken gekommen, mein eigen
Fleiſch und Blut um ſchnöden Mammon zu verkaufen;
ich hätte nie vor meinem Kinde auf den Knien gele¬
gen und geflennt: dein Vater iſt ehrlos, wenn Du
nicht den und den heirateſt, von dem ich wol weiß,
daß Du ihn nicht liebſt, der aber ſo viel Geld hat,
daß er all meine Schulden bezahlen kann und doch
noch genug für euch Beide behält. Und es ſtand gar
nicht einmal ſo ſchlimm mit Herrn von Barnewitz.
Was er im Spiel verloren hatte, konnte er auch im
Spiel wieder gewinnen, und hat's auch hernach zum
Theil wieder gewonnen, ſo daß er ſpäter, wenn er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0165" n="155"/>
ein bischen franzö&#x017F;i&#x017F;ch und was noch &#x017F;on&#x017F;t in meinen<lb/>
alten Kopf hineinwollte. Und hernach habe ich &#x017F;ie<lb/>
reiten gelehrt, daß ihr nun wol &#x017F;o leicht keine darin<lb/>
gleichkommt; und &#x017F;o bin ich wieder mit ihr jung ge¬<lb/>
we&#x017F;en und hab' mich nie nach Kindern ge&#x017F;ehnt, denn<lb/>
&#x017F;ie war ja mein liebes, herziges Kind, obgleich ich<lb/>
nur ein armer unwi&#x017F;&#x017F;ender Reitersmann und &#x017F;ie ein<lb/>
fürnehmes, hochadliges Fräulein war. Und ich habe<lb/>
manchmal &#x017F;o in meinem Sinn gedacht: ob &#x017F;ie es nicht<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er im Leben gehabt hätte, wenn &#x017F;ie wirklich mein<lb/>
Kind gewe&#x017F;en wäre. Denn vornehm &#x017F;ein und reich<lb/>
&#x017F;ein, das i&#x017F;t Alles recht gut, aber ich meine doch, wen<lb/>
Gott lieb hat, den läßt er arm geboren werden. Ich<lb/>
wäre nie auf den Gedanken gekommen, mein eigen<lb/>
Flei&#x017F;ch und Blut um &#x017F;chnöden Mammon zu verkaufen;<lb/>
ich hätte nie vor meinem Kinde auf den Knien gele¬<lb/>
gen und geflennt: dein Vater i&#x017F;t ehrlos, wenn Du<lb/>
nicht den und den heirate&#x017F;t, von dem ich wol weiß,<lb/>
daß Du ihn nicht lieb&#x017F;t, der aber &#x017F;o viel Geld hat,<lb/>
daß er all meine Schulden bezahlen kann und doch<lb/>
noch genug für euch Beide behält. Und es &#x017F;tand gar<lb/>
nicht einmal &#x017F;o &#x017F;chlimm mit Herrn von Barnewitz.<lb/>
Was er im Spiel verloren hatte, konnte er auch im<lb/>
Spiel wieder gewinnen, und hat's auch hernach zum<lb/>
Theil wieder gewonnen, &#x017F;o daß er &#x017F;päter, wenn er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0165] ein bischen franzöſiſch und was noch ſonſt in meinen alten Kopf hineinwollte. Und hernach habe ich ſie reiten gelehrt, daß ihr nun wol ſo leicht keine darin gleichkommt; und ſo bin ich wieder mit ihr jung ge¬ weſen und hab' mich nie nach Kindern geſehnt, denn ſie war ja mein liebes, herziges Kind, obgleich ich nur ein armer unwiſſender Reitersmann und ſie ein fürnehmes, hochadliges Fräulein war. Und ich habe manchmal ſo in meinem Sinn gedacht: ob ſie es nicht beſſer im Leben gehabt hätte, wenn ſie wirklich mein Kind geweſen wäre. Denn vornehm ſein und reich ſein, das iſt Alles recht gut, aber ich meine doch, wen Gott lieb hat, den läßt er arm geboren werden. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, mein eigen Fleiſch und Blut um ſchnöden Mammon zu verkaufen; ich hätte nie vor meinem Kinde auf den Knien gele¬ gen und geflennt: dein Vater iſt ehrlos, wenn Du nicht den und den heirateſt, von dem ich wol weiß, daß Du ihn nicht liebſt, der aber ſo viel Geld hat, daß er all meine Schulden bezahlen kann und doch noch genug für euch Beide behält. Und es ſtand gar nicht einmal ſo ſchlimm mit Herrn von Barnewitz. Was er im Spiel verloren hatte, konnte er auch im Spiel wieder gewinnen, und hat's auch hernach zum Theil wieder gewonnen, ſo daß er ſpäter, wenn er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/165
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/165>, abgerufen am 22.11.2024.