bestimmten Entschluß hinsichtlich seiner fassen könntest;" sagte der alte Herr, sich hinter dem Ohre krauend.
"Ich habe jetzt meinen Entschluß gefaßt," sagte die Baronin gereizt: "in diesem Augenblick gefaßt. Wenn er uns nicht einmal auf einer dreitägigen Fahrt in die Nachbarschaft begleiten will, wenn es ihm zu umständlich ist, bei unseren Bekannten, die ihm alle mit der größten Herablassung entgegengekommen sind, mit uns einen Abschiedsbesuch zu machen, so zeigt er ja deutlich, daß er gar nicht Abschied zu nehmen ge¬ denkt, und so mag er denn auch bleiben, wo er will."
"Aber liebe Anna-Maria," sagte der Baron, "das ist doch am Ende nicht ganz dasselbe, und dann, wo soll er unterdessen bleiben? und wie sollen wir mit den beiden Knaben allein fertig werden?"
"Ich sage Dir ja, lieber Grenwitz," entgegnete die Baronin, "es ist mir ganz gleich, wo er bleibt, ganz gleich. Er geht ja im Allgemeinen so gern seine eigenen Wege, so mag er es auch in diesem Fall. Er kann eine Fußreise durch die Insel machen, oder seinen Freund Oldenburg besuchen, oder schlimmsten Falls hier bleiben, obgleich sein Hierbleiben allerdings Umstände machen würde. Uns ist er auf der Reise, die so schon kostspielig genug ist, eine ganz überflüssige Last. Er wird sich wie gewöhnlich nur um Bruno
beſtimmten Entſchluß hinſichtlich ſeiner faſſen könnteſt;“ ſagte der alte Herr, ſich hinter dem Ohre krauend.
„Ich habe jetzt meinen Entſchluß gefaßt,“ ſagte die Baronin gereizt: „in dieſem Augenblick gefaßt. Wenn er uns nicht einmal auf einer dreitägigen Fahrt in die Nachbarſchaft begleiten will, wenn es ihm zu umſtändlich iſt, bei unſeren Bekannten, die ihm alle mit der größten Herablaſſung entgegengekommen ſind, mit uns einen Abſchiedsbeſuch zu machen, ſo zeigt er ja deutlich, daß er gar nicht Abſchied zu nehmen ge¬ denkt, und ſo mag er denn auch bleiben, wo er will.“
„Aber liebe Anna-Maria,“ ſagte der Baron, „das iſt doch am Ende nicht ganz daſſelbe, und dann, wo ſoll er unterdeſſen bleiben? und wie ſollen wir mit den beiden Knaben allein fertig werden?“
„Ich ſage Dir ja, lieber Grenwitz,“ entgegnete die Baronin, „es iſt mir ganz gleich, wo er bleibt, ganz gleich. Er geht ja im Allgemeinen ſo gern ſeine eigenen Wege, ſo mag er es auch in dieſem Fall. Er kann eine Fußreiſe durch die Inſel machen, oder ſeinen Freund Oldenburg beſuchen, oder ſchlimmſten Falls hier bleiben, obgleich ſein Hierbleiben allerdings Umſtände machen würde. Uns iſt er auf der Reiſe, die ſo ſchon koſtſpielig genug iſt, eine ganz überflüſſige Laſt. Er wird ſich wie gewöhnlich nur um Bruno
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beſtimmten Entſchluß hinſichtlich ſeiner faſſen könnteſt;“
ſagte der alte Herr, ſich hinter dem Ohre krauend.
„Ich habe jetzt meinen Entſchluß gefaßt,“ ſagte
die Baronin gereizt: „in dieſem Augenblick gefaßt.
Wenn er uns nicht einmal auf einer dreitägigen Fahrt
in die Nachbarſchaft begleiten will, wenn es ihm zu
umſtändlich iſt, bei unſeren Bekannten, die ihm alle
mit der größten Herablaſſung entgegengekommen ſind,
mit uns einen Abſchiedsbeſuch zu machen, ſo zeigt er
ja deutlich, daß er gar nicht Abſchied zu nehmen ge¬
denkt, und ſo mag er denn auch bleiben, wo er will.“
„Aber liebe Anna-Maria,“ ſagte der Baron, „das
iſt doch am Ende nicht ganz daſſelbe, und dann, wo
ſoll er unterdeſſen bleiben? und wie ſollen wir mit
den beiden Knaben allein fertig werden?“
„Ich ſage Dir ja, lieber Grenwitz,“ entgegnete
die Baronin, „es iſt mir ganz gleich, wo er bleibt,
ganz gleich. Er geht ja im Allgemeinen ſo gern ſeine
eigenen Wege, ſo mag er es auch in dieſem Fall.
Er kann eine Fußreiſe durch die Inſel machen, oder
ſeinen Freund Oldenburg beſuchen, oder ſchlimmſten
Falls hier bleiben, obgleich ſein Hierbleiben allerdings
Umſtände machen würde. Uns iſt er auf der Reiſe,
die ſo ſchon koſtſpielig genug iſt, eine ganz überflüſſige
Laſt. Er wird ſich wie gewöhnlich nur um Bruno
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/14>, abgerufen am 16.02.2025.
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