es auch eben nur, so ist es eben nur eine trügerische Spiegelung, die eine schadenfrohe Fee aus dem un¬ wohnlichen tückischen Meere aufsteigen läßt, damit sie in dem Augenblicke versinkt, wo wir das palmenge¬ schmückte, palastumsäumte Ufer zu berühren glauben . . .
Ein Dörfchen, dem sich Oswald mit raschen Schrit¬ ten näherte, lag in dem innersten Winkel einer tiefen, von hohen Kreidefelsen bis auf einen schmalen Aus¬ gang nach dem Meere zu rings umschlossenen Bucht, wo das Wasser so still und glatt war wie in einem Gartenteich. Einige der Hütten lagen hart am Strande, andere waren an den Ufern eines Baches, der sich an dieser Stelle in's Meer ergoß, in der tiefen breiten Schlucht, die er sich gewühlt hatte, erbaut. Vor den Thüren waren kleine mit Muscheln eingefaßte Gärt¬ chen; auf den mit weißem Sande ausgefüllten Gängen zwischen den Häusern hingen Netze zum Trocknen an langen Stangen; ein paar rothhaarige Buben waren eifrigst mit Antheeren eines umgestülpten Bootes be¬ schäftigt; vor einer der größeren Hütten saßen ein paar Frauen, Netze flickend.
Oswald näherte sich den Frauen, die, als sie sei¬ nen Schritt vernahmen, neugierig von ihrer Arbeit aufsahen, und fragte, sie begrüßend, ob es ihm ver¬ stattet sei, sich hier etwas auszuruhen, und ob er
es auch eben nur, ſo iſt es eben nur eine trügeriſche Spiegelung, die eine ſchadenfrohe Fee aus dem un¬ wohnlichen tückiſchen Meere aufſteigen läßt, damit ſie in dem Augenblicke verſinkt, wo wir das palmenge¬ ſchmückte, palaſtumſäumte Ufer zu berühren glauben . . .
Ein Dörfchen, dem ſich Oswald mit raſchen Schrit¬ ten näherte, lag in dem innerſten Winkel einer tiefen, von hohen Kreidefelſen bis auf einen ſchmalen Aus¬ gang nach dem Meere zu rings umſchloſſenen Bucht, wo das Waſſer ſo ſtill und glatt war wie in einem Gartenteich. Einige der Hütten lagen hart am Strande, andere waren an den Ufern eines Baches, der ſich an dieſer Stelle in's Meer ergoß, in der tiefen breiten Schlucht, die er ſich gewühlt hatte, erbaut. Vor den Thüren waren kleine mit Muſcheln eingefaßte Gärt¬ chen; auf den mit weißem Sande ausgefüllten Gängen zwiſchen den Häuſern hingen Netze zum Trocknen an langen Stangen; ein paar rothhaarige Buben waren eifrigſt mit Antheeren eines umgeſtülpten Bootes be¬ ſchäftigt; vor einer der größeren Hütten ſaßen ein paar Frauen, Netze flickend.
Oswald näherte ſich den Frauen, die, als ſie ſei¬ nen Schritt vernahmen, neugierig von ihrer Arbeit aufſahen, und fragte, ſie begrüßend, ob es ihm ver¬ ſtattet ſei, ſich hier etwas auszuruhen, und ob er
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es auch eben nur, ſo iſt es eben nur eine trügeriſche
Spiegelung, die eine ſchadenfrohe Fee aus dem un¬
wohnlichen tückiſchen Meere aufſteigen läßt, damit ſie
in dem Augenblicke verſinkt, wo wir das palmenge¬
ſchmückte, palaſtumſäumte Ufer zu berühren glauben . . .
Ein Dörfchen, dem ſich Oswald mit raſchen Schrit¬
ten näherte, lag in dem innerſten Winkel einer tiefen,
von hohen Kreidefelſen bis auf einen ſchmalen Aus¬
gang nach dem Meere zu rings umſchloſſenen Bucht,
wo das Waſſer ſo ſtill und glatt war wie in einem
Gartenteich. Einige der Hütten lagen hart am Strande,
andere waren an den Ufern eines Baches, der ſich an
dieſer Stelle in's Meer ergoß, in der tiefen breiten
Schlucht, die er ſich gewühlt hatte, erbaut. Vor den
Thüren waren kleine mit Muſcheln eingefaßte Gärt¬
chen; auf den mit weißem Sande ausgefüllten Gängen
zwiſchen den Häuſern hingen Netze zum Trocknen an
langen Stangen; ein paar rothhaarige Buben waren
eifrigſt mit Antheeren eines umgeſtülpten Bootes be¬
ſchäftigt; vor einer der größeren Hütten ſaßen ein
paar Frauen, Netze flickend.
Oswald näherte ſich den Frauen, die, als ſie ſei¬
nen Schritt vernahmen, neugierig von ihrer Arbeit
aufſahen, und fragte, ſie begrüßend, ob es ihm ver¬
ſtattet ſei, ſich hier etwas auszuruhen, und ob er
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/108>, abgerufen am 17.07.2024.
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