rief Oldenburg. "Hat Ihnen Ihr Italienisch viel genützt?"
"Im Gegentheil," sagte Melitta, und ihre dunklen Augen flammten auf; "ich habe so nur manches al¬ berne, lügnerische Wort mit anhören müssen, das mir sonst unverständlich geblieben wäre."
"Ja, ja, die Italiener lügen viel," lachte der Baron.
"Sagen wir lieber, es wird in Italien viel gelogen," replicirte Melitta.
"Zum zweiten Mal abgefallen," murmelte der Baron. "Das Weib ist noch immer schön, wie ein Engel und klug wie die Schlange. Ja, sie ist schöner, als früher. Ihre Augen sind noch größer und leuch¬ tender, ihre Schultern noch runder; ihre Stimme ist noch weicher und wohllautender -- und das Alles in majorem Dei Gloriam, das heißt dem hübschen Fant an ihrer Seite zu Liebe! Hm! -- Herr Doctor, wollen Sie mir die Ehre erweisen, ein Glas Cham¬ pagner mit mir zu trinken? Ich dächte, es läge eine Wolke auf ihrer Stirn. Verscheuchen Sie dieselbe. Sie wissen: dulce est desipere in loco."
"Was für eine verzweifelte Sprache ist denn das nun wieder, Baron?" rief von Cloten.
"Platt -- bramaputraisch -- mon cher. Auf Ihr Wohl, Cloten!"
rief Oldenburg. „Hat Ihnen Ihr Italieniſch viel genützt?“
„Im Gegentheil,“ ſagte Melitta, und ihre dunklen Augen flammten auf; „ich habe ſo nur manches al¬ berne, lügneriſche Wort mit anhören müſſen, das mir ſonſt unverſtändlich geblieben wäre.“
„Ja, ja, die Italiener lügen viel,“ lachte der Baron.
„Sagen wir lieber, es wird in Italien viel gelogen,“ replicirte Melitta.
„Zum zweiten Mal abgefallen,“ murmelte der Baron. „Das Weib iſt noch immer ſchön, wie ein Engel und klug wie die Schlange. Ja, ſie iſt ſchöner, als früher. Ihre Augen ſind noch größer und leuch¬ tender, ihre Schultern noch runder; ihre Stimme iſt noch weicher und wohllautender — und das Alles in majorem Dei Gloriam, das heißt dem hübſchen Fant an ihrer Seite zu Liebe! Hm! — Herr Doctor, wollen Sie mir die Ehre erweiſen, ein Glas Cham¬ pagner mit mir zu trinken? Ich dächte, es läge eine Wolke auf ihrer Stirn. Verſcheuchen Sie dieſelbe. Sie wiſſen: dulce est desipere in loco.“
„Was für eine verzweifelte Sprache iſt denn das nun wieder, Baron?“ rief von Cloten.
„Platt — bramaputraiſch — mon cher. Auf Ihr Wohl, Cloten!“
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rief Oldenburg. „Hat Ihnen Ihr Italieniſch viel
genützt?“
„Im Gegentheil,“ ſagte Melitta, und ihre dunklen
Augen flammten auf; „ich habe ſo nur manches al¬
berne, lügneriſche Wort mit anhören müſſen, das mir
ſonſt unverſtändlich geblieben wäre.“
„Ja, ja, die Italiener lügen viel,“ lachte der Baron.
„Sagen wir lieber, es wird in Italien viel gelogen,“
replicirte Melitta.
„Zum zweiten Mal abgefallen,“ murmelte der
Baron. „Das Weib iſt noch immer ſchön, wie ein
Engel und klug wie die Schlange. Ja, ſie iſt ſchöner,
als früher. Ihre Augen ſind noch größer und leuch¬
tender, ihre Schultern noch runder; ihre Stimme iſt
noch weicher und wohllautender — und das Alles in
majorem Dei Gloriam, das heißt dem hübſchen Fant
an ihrer Seite zu Liebe! Hm! — Herr Doctor,
wollen Sie mir die Ehre erweiſen, ein Glas Cham¬
pagner mit mir zu trinken? Ich dächte, es läge eine
Wolke auf ihrer Stirn. Verſcheuchen Sie dieſelbe.
Sie wiſſen: dulce est desipere in loco.“
„Was für eine verzweifelte Sprache iſt denn das
nun wieder, Baron?“ rief von Cloten.
„Platt — bramaputraiſch — mon cher. Auf Ihr
Wohl, Cloten!“
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/84>, abgerufen am 18.07.2024.
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