Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Ohr traf -- ja, dann war es doch wieder Melitta, Oswald lachte und scherzte wie von der tollsten Ohr traf — ja, dann war es doch wieder Melitta, Oswald lachte und ſcherzte wie von der tollſten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0070" n="60"/> Ohr traf — ja, dann war es doch wieder Melitta,<lb/> ſeine Melitta . . . Und immer wieder jagten ſich Zwei¬<lb/> fel, die ſich zu wahnſinniger Angſt ſteigerten, und Ge¬<lb/> wißheit, die ihn mit unſäglichem Entzücken erfüllte,<lb/> durch ſeine Seele, wie tiefdunkle Schatten und heller<lb/> Sonnenſchein über eine Sommerlandſchaft jagen, und<lb/> um dieſer ſüßen Qual, dieſer bittern Wonne zu ent¬<lb/> gehen, ſchlürfte er mit haſtigen, gierigen Zügen den<lb/> berauſchenden Trank, der, aus blendenden Lichtern,<lb/> jubelnden Tönen und wollüſtigen Düften ſo ſeltſam<lb/> gemiſcht, in einem Ballſaal die Sinne der Tanzenden<lb/> bis zum bacchantiſchen Taumel aufregt und das Ge¬<lb/> hirn umnelbelt.</p><lb/> <p>Oswald lachte und ſcherzte wie von der tollſten<lb/> Laune ergriffen: hier ein übermüthiges keckes Wort,<lb/> dort eine feine Schmeichelei; hier eine ſatyriſche Be¬<lb/> merkung, dort eine Sentimentalität . . . Die Damen<lb/> ſchienen vollkommen vergeſſen zu haben, daß ein ſo<lb/> unermüdlicher und gewandter Tänzer, ein ſo hübſcher<lb/> Mann, der ihnen ſo viele hübſche Sachen zu ſagen<lb/> wußte, doch nur ein Bürgerlicher ſei, der auf alle<lb/> dieſe Vorzüge eigentlich gar keinen Anſpruch machen<lb/> durfte, und wenn ja eine der hochadligen Mütter dem<lb/> Töchterchen ihr unpaſſendes Benehmen mit dem jungen<lb/> Menſchen, dem Doctor Stein, verwies, ſo fiel das<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0070]
Ohr traf — ja, dann war es doch wieder Melitta,
ſeine Melitta . . . Und immer wieder jagten ſich Zwei¬
fel, die ſich zu wahnſinniger Angſt ſteigerten, und Ge¬
wißheit, die ihn mit unſäglichem Entzücken erfüllte,
durch ſeine Seele, wie tiefdunkle Schatten und heller
Sonnenſchein über eine Sommerlandſchaft jagen, und
um dieſer ſüßen Qual, dieſer bittern Wonne zu ent¬
gehen, ſchlürfte er mit haſtigen, gierigen Zügen den
berauſchenden Trank, der, aus blendenden Lichtern,
jubelnden Tönen und wollüſtigen Düften ſo ſeltſam
gemiſcht, in einem Ballſaal die Sinne der Tanzenden
bis zum bacchantiſchen Taumel aufregt und das Ge¬
hirn umnelbelt.
Oswald lachte und ſcherzte wie von der tollſten
Laune ergriffen: hier ein übermüthiges keckes Wort,
dort eine feine Schmeichelei; hier eine ſatyriſche Be¬
merkung, dort eine Sentimentalität . . . Die Damen
ſchienen vollkommen vergeſſen zu haben, daß ein ſo
unermüdlicher und gewandter Tänzer, ein ſo hübſcher
Mann, der ihnen ſo viele hübſche Sachen zu ſagen
wußte, doch nur ein Bürgerlicher ſei, der auf alle
dieſe Vorzüge eigentlich gar keinen Anſpruch machen
durfte, und wenn ja eine der hochadligen Mütter dem
Töchterchen ihr unpaſſendes Benehmen mit dem jungen
Menſchen, dem Doctor Stein, verwies, ſo fiel das
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