selbst zugeben, Baron, diese Idee, alle Menschen von einem Paare abstammen zu lassen -- Adlige und Bür¬ gerliche -- geradezu abgeschmackt, horribel -- lächer¬ lich! Habe mir immer gedacht: daß Schrift von diesen Bürgerlichen in ihrem Interesse zurecht gemacht ist. Hat mich stets geärgert, wenn Hauslehrer mir die alte Geschichte erklären wollte."
"Cloten," sagte Oldenburg stehen bleibend und seinem Begleiter die Hand auf die Schulter legend! "Cloten, Sie sind ein großer Mann. Dieser Ge¬ danke bringt Sie in eine Reihe mit den tiefsinnigsten Denkern aller Jahrhunderte."
"Ah, wah -- reden Sie nun im Ernst, Baron, oder scherzen Sie, wie gewöhnlich?"
"Lieber Cloten," sagte Oldenburg, seinen Arm wieder unter den seines Begleiters steckend und weiter gehend; "lassen Sie sich ein für alle Mal gesagt sein, daß es mir immer um das, was ich sage, fürchter¬ licher Ernst ist, und der Gegenstand, von dem wir sprechen, ist wahrlich von zu ungeheurer Bedeutung, als daß er eine scherzhafte Behandlung vertrüge. So hören Sie denn -- aber machen Sie keinen unge¬ eigneten Gebrauch von der Sache, Cloten --"
"Gott bewahre -- parole d'honneur !"
"So hören Sie denn, daß dieselbe Frage, deren
ſelbſt zugeben, Baron, dieſe Idee, alle Menſchen von einem Paare abſtammen zu laſſen — Adlige und Bür¬ gerliche — geradezu abgeſchmackt, horribel — lächer¬ lich! Habe mir immer gedacht: daß Schrift von dieſen Bürgerlichen in ihrem Intereſſe zurecht gemacht iſt. Hat mich ſtets geärgert, wenn Hauslehrer mir die alte Geſchichte erklären wollte.“
„Cloten,“ ſagte Oldenburg ſtehen bleibend und ſeinem Begleiter die Hand auf die Schulter legend! „Cloten, Sie ſind ein großer Mann. Dieſer Ge¬ danke bringt Sie in eine Reihe mit den tiefſinnigſten Denkern aller Jahrhunderte.“
„Ah, wah — reden Sie nun im Ernſt, Baron, oder ſcherzen Sie, wie gewöhnlich?“
„Lieber Cloten,“ ſagte Oldenburg, ſeinen Arm wieder unter den ſeines Begleiters ſteckend und weiter gehend; „laſſen Sie ſich ein für alle Mal geſagt ſein, daß es mir immer um das, was ich ſage, fürchter¬ licher Ernſt iſt, und der Gegenſtand, von dem wir ſprechen, iſt wahrlich von zu ungeheurer Bedeutung, als daß er eine ſcherzhafte Behandlung vertrüge. So hören Sie denn — aber machen Sie keinen unge¬ eigneten Gebrauch von der Sache, Cloten —“
„Gott bewahre — parole d'honneur !“
„So hören Sie denn, daß dieſelbe Frage, deren
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ſelbſt zugeben, Baron, dieſe Idee, alle Menſchen von
einem Paare abſtammen zu laſſen — Adlige und Bür¬
gerliche — geradezu abgeſchmackt, horribel — lächer¬
lich! Habe mir immer gedacht: daß Schrift von dieſen
Bürgerlichen in ihrem Intereſſe zurecht gemacht iſt.
Hat mich ſtets geärgert, wenn Hauslehrer mir die
alte Geſchichte erklären wollte.“
„Cloten,“ ſagte Oldenburg ſtehen bleibend und
ſeinem Begleiter die Hand auf die Schulter legend!
„Cloten, Sie ſind ein großer Mann. Dieſer Ge¬
danke bringt Sie in eine Reihe mit den tiefſinnigſten
Denkern aller Jahrhunderte.“
„Ah, wah — reden Sie nun im Ernſt, Baron,
oder ſcherzen Sie, wie gewöhnlich?“
„Lieber Cloten,“ ſagte Oldenburg, ſeinen Arm
wieder unter den ſeines Begleiters ſteckend und weiter
gehend; „laſſen Sie ſich ein für alle Mal geſagt ſein,
daß es mir immer um das, was ich ſage, fürchter¬
licher Ernſt iſt, und der Gegenſtand, von dem wir
ſprechen, iſt wahrlich von zu ungeheurer Bedeutung,
als daß er eine ſcherzhafte Behandlung vertrüge. So
hören Sie denn — aber machen Sie keinen unge¬
eigneten Gebrauch von der Sache, Cloten —“
„Gott bewahre — parole d'honneur !“
„So hören Sie denn, daß dieſelbe Frage, deren
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/57>, abgerufen am 18.07.2024.
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