mich: "Wie geht's, liebe Frau Clausen?" oder: "kann ich Ihnen nicht helfen, liebe Frau Clausen? Sie lassen es sich gar so sauer werden. Ich schäme mich, daß ich hier so müßig gehe."
Eines Nachmittags begegnete sie mir im Garten. Es war ein sonniger heißer Tag; sie hatte ein weißes Kleid an und ein Strohhut mit breitem Rande hing an ihrem schönen runden Arm. Der Baron war aus¬ geritten, seit langer Zeit zum ersten Male, die Tante war noch nicht aufgestanden. Ich hatte mir schon lange vorgenommen, wenn es die Gelegenheit erlaubte, ein Wort mit dem Mädchen zu sprechen und ihr die Augen zu öffnen. So faßte ich mir denn ein Herz, als sie mit einem: Guten Tag, Mutter Clausen, wie geht's? an mir vorüber wollte, und sagte: "Schön Dank, Fräulein Marie; haben Sie einen Augenblick Zeit? ich möchte gern ein paar Worte mit Ihnen sprechen?" -- "Was giebt's?" sagte sie, und als sie in mein Gesicht sah, das wol recht ernst und traurig sein mochte, rief sie: "Um Gotteswillen, es ist doch kein Unglück passirt?" -- "Nein, Fräulein Marie," sagte ich, "aber es könnte leicht eins passiren, wenn Sie sich nicht besser vorsehen; und das sollte mir herzlich leid thun, denn Sie sind so jung und sehen so engelsgut und rein und unschuldig aus." -- "Was
mich: „Wie geht's, liebe Frau Clauſen?“ oder: „kann ich Ihnen nicht helfen, liebe Frau Clauſen? Sie laſſen es ſich gar ſo ſauer werden. Ich ſchäme mich, daß ich hier ſo müßig gehe.“
Eines Nachmittags begegnete ſie mir im Garten. Es war ein ſonniger heißer Tag; ſie hatte ein weißes Kleid an und ein Strohhut mit breitem Rande hing an ihrem ſchönen runden Arm. Der Baron war aus¬ geritten, ſeit langer Zeit zum erſten Male, die Tante war noch nicht aufgeſtanden. Ich hatte mir ſchon lange vorgenommen, wenn es die Gelegenheit erlaubte, ein Wort mit dem Mädchen zu ſprechen und ihr die Augen zu öffnen. So faßte ich mir denn ein Herz, als ſie mit einem: Guten Tag, Mutter Clauſen, wie geht's? an mir vorüber wollte, und ſagte: „Schön Dank, Fräulein Marie; haben Sie einen Augenblick Zeit? ich möchte gern ein paar Worte mit Ihnen ſprechen?“ — „Was giebt's?“ ſagte ſie, und als ſie in mein Geſicht ſah, das wol recht ernſt und traurig ſein mochte, rief ſie: „Um Gotteswillen, es iſt doch kein Unglück paſſirt?“ — „Nein, Fräulein Marie,“ ſagte ich, „aber es könnte leicht eins paſſiren, wenn Sie ſich nicht beſſer vorſehen; und das ſollte mir herzlich leid thun, denn Sie ſind ſo jung und ſehen ſo engelsgut und rein und unſchuldig aus.“ — „Was
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mich: „Wie geht's, liebe Frau Clauſen?“ oder: „kann
ich Ihnen nicht helfen, liebe Frau Clauſen? Sie
laſſen es ſich gar ſo ſauer werden. Ich ſchäme mich,
daß ich hier ſo müßig gehe.“
Eines Nachmittags begegnete ſie mir im Garten.
Es war ein ſonniger heißer Tag; ſie hatte ein weißes
Kleid an und ein Strohhut mit breitem Rande hing
an ihrem ſchönen runden Arm. Der Baron war aus¬
geritten, ſeit langer Zeit zum erſten Male, die Tante
war noch nicht aufgeſtanden. Ich hatte mir ſchon
lange vorgenommen, wenn es die Gelegenheit erlaubte,
ein Wort mit dem Mädchen zu ſprechen und ihr die
Augen zu öffnen. So faßte ich mir denn ein Herz,
als ſie mit einem: Guten Tag, Mutter Clauſen, wie
geht's? an mir vorüber wollte, und ſagte: „Schön
Dank, Fräulein Marie; haben Sie einen Augenblick
Zeit? ich möchte gern ein paar Worte mit Ihnen
ſprechen?“ — „Was giebt's?“ ſagte ſie, und als ſie
in mein Geſicht ſah, das wol recht ernſt und traurig
ſein mochte, rief ſie: „Um Gotteswillen, es iſt doch
kein Unglück paſſirt?“ — „Nein, Fräulein Marie,“
ſagte ich, „aber es könnte leicht eins paſſiren, wenn
Sie ſich nicht beſſer vorſehen; und das ſollte mir
herzlich leid thun, denn Sie ſind ſo jung und ſehen
ſo engelsgut und rein und unſchuldig aus.“ — „Was
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/245>, abgerufen am 18.07.2024.
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