wirklich noch heute nicht, wie ich es hätte anders ein¬ richten sollen. Die Ehre meiner Familie erforderte, daß ich seine Schulden übernahm, denn nicht dem Baron Harald von Grenwitz, der, das wußten die Leute recht gut, bei der Unantastbarkeit des Majo¬ rats niemals seine Schulden bezahlen konnte, hatten sie creditirt, sondern der Familie Grenwitz, die nicht zugeben würde, daß Einer aus der Familie ehrlos werde. Und dann hatte ich gegen meinen Vetter Pflichten der Dankbarkeit. Als er und ich junge Offiziere im Regimente waren, und auch im späteren Leben, hat er stets wie ein Bruder gegen mich ge¬ handelt. Es ist wahr, ich habe seine Güte nie ge¬ mißbraucht, und für jedes Hundert Thaler Schulden, die er für mich bezahlt hat, habe ich Tausend für ihn bezahlt, aber er würde mich, davon bin ich überzeugt, aus jeder Verlegenheit gerissen haben, denn seine Frei¬ gebigkeit kannte keine Grenzen."
"Du ereiferst Dich ohne Noth, lieber Grenwitz, ganz ohne Noth," sagte die Baronin ruhig, während der alte Mann von der ungewohnt langen und leb¬ haften Rede erschöpft in den Stuhl zurückgesunken war, "es fällt mir nicht ein, Dir Vorwürfe machen zu wollen. Du weißt, wie wenig Werth ich selbst auf Reichthum lege, wie gering meine persönlichen
wirklich noch heute nicht, wie ich es hätte anders ein¬ richten ſollen. Die Ehre meiner Familie erforderte, daß ich ſeine Schulden übernahm, denn nicht dem Baron Harald von Grenwitz, der, das wußten die Leute recht gut, bei der Unantaſtbarkeit des Majo¬ rats niemals ſeine Schulden bezahlen konnte, hatten ſie creditirt, ſondern der Familie Grenwitz, die nicht zugeben würde, daß Einer aus der Familie ehrlos werde. Und dann hatte ich gegen meinen Vetter Pflichten der Dankbarkeit. Als er und ich junge Offiziere im Regimente waren, und auch im ſpäteren Leben, hat er ſtets wie ein Bruder gegen mich ge¬ handelt. Es iſt wahr, ich habe ſeine Güte nie ge¬ mißbraucht, und für jedes Hundert Thaler Schulden, die er für mich bezahlt hat, habe ich Tauſend für ihn bezahlt, aber er würde mich, davon bin ich überzeugt, aus jeder Verlegenheit geriſſen haben, denn ſeine Frei¬ gebigkeit kannte keine Grenzen.“
„Du ereiferſt Dich ohne Noth, lieber Grenwitz, ganz ohne Noth,“ ſagte die Baronin ruhig, während der alte Mann von der ungewohnt langen und leb¬ haften Rede erſchöpft in den Stuhl zurückgeſunken war, „es fällt mir nicht ein, Dir Vorwürfe machen zu wollen. Du weißt, wie wenig Werth ich ſelbſt auf Reichthum lege, wie gering meine perſönlichen
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wirklich noch heute nicht, wie ich es hätte anders ein¬
richten ſollen. Die Ehre meiner Familie erforderte,
daß ich ſeine Schulden übernahm, denn nicht dem
Baron Harald von Grenwitz, der, das wußten die
Leute recht gut, bei der Unantaſtbarkeit des Majo¬
rats niemals ſeine Schulden bezahlen konnte, hatten
ſie creditirt, ſondern der Familie Grenwitz, die nicht
zugeben würde, daß Einer aus der Familie ehrlos
werde. Und dann hatte ich gegen meinen Vetter
Pflichten der Dankbarkeit. Als er und ich junge
Offiziere im Regimente waren, und auch im ſpäteren
Leben, hat er ſtets wie ein Bruder gegen mich ge¬
handelt. Es iſt wahr, ich habe ſeine Güte nie ge¬
mißbraucht, und für jedes Hundert Thaler Schulden,
die er für mich bezahlt hat, habe ich Tauſend für ihn
bezahlt, aber er würde mich, davon bin ich überzeugt,
aus jeder Verlegenheit geriſſen haben, denn ſeine Frei¬
gebigkeit kannte keine Grenzen.“
„Du ereiferſt Dich ohne Noth, lieber Grenwitz,
ganz ohne Noth,“ ſagte die Baronin ruhig, während
der alte Mann von der ungewohnt langen und leb¬
haften Rede erſchöpft in den Stuhl zurückgeſunken
war, „es fällt mir nicht ein, Dir Vorwürfe machen
zu wollen. Du weißt, wie wenig Werth ich ſelbſt
auf Reichthum lege, wie gering meine perſönlichen
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/148>, abgerufen am 22.11.2024.
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