Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Ich werde in der Gesellschaft wie ein Mohikaner "Aber Du liebst doch mich, Oswald, und ich ge¬ "Leider," sagte Oswald, "und es ist das der 1*
Ich werde in der Geſellſchaft wie ein Mohikaner „Aber Du liebſt doch mich, Oswald, und ich ge¬ „Leider,“ ſagte Oswald, „und es iſt das der 1*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="3"/> Ich werde in der Geſellſchaft wie ein Mohikaner<lb/> unter den Irokeſen, wie ein Spion im Lager an¬<lb/> geſehen werden. Ich kenne den Adel. Der Adlige<lb/> iſt nur höflich und liebenswürdig gegen den Bürger¬<lb/> lichen, ſo lange er mit ihm allein iſt; ſind mehre<lb/> Adlige bei einander, ſo fließen ſie zuſammen wie<lb/> Queckſilber und kehren gegen den Bürgerlichen den<lb/><hi rendition="#aq">esprit de corps</hi> heraus. Ich ſage Dir, Melitta, ich<lb/> kenne die Adligen und ich haſſe die Adligen.“</p><lb/> <p>„Aber Du liebſt doch mich, Oswald, und ich ge¬<lb/> höre doch auch zu der verfehmten Klaſſe.“</p><lb/> <p>„Leider,“ ſagte Oswald, „und es iſt das der<lb/> einzige Fehler, Du Holde, den ich an Dir habe ent¬<lb/> decken können. Aber dann biſt Du ſo engelgut und<lb/> lieb, und da gehſt Du durch dieſen Schwefelpfuhl,<lb/> ohne auch nur den Saum Deines leuchtenden Ge¬<lb/> wandes zu beflecken. Und ſo ſehr Du auch im Ver¬<lb/> gleich mit dieſen eitlen, dummen Pfauen gewinnen<lb/> mußt, ſo fürchte ich doch, daß von dem feurigen Haß,<lb/> den ich gegen die ganze Sippſchaft habe, unverſehens<lb/> auch ein Funken auf Dich ſpritzen könnte. Jetzt biſt<lb/> Du mir eine Königin, eine Chatelaine, die aus ihrem<lb/> Schloß ſich weggeſtohlen hat, den Herzallerliebſten<lb/> flüchtig zu umarmen, und ich vergeſſe Deinen Rang,<lb/> Deine Hoheit hier in dieſer traulichen Waldeinſamkeit.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">1*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0013]
Ich werde in der Geſellſchaft wie ein Mohikaner
unter den Irokeſen, wie ein Spion im Lager an¬
geſehen werden. Ich kenne den Adel. Der Adlige
iſt nur höflich und liebenswürdig gegen den Bürger¬
lichen, ſo lange er mit ihm allein iſt; ſind mehre
Adlige bei einander, ſo fließen ſie zuſammen wie
Queckſilber und kehren gegen den Bürgerlichen den
esprit de corps heraus. Ich ſage Dir, Melitta, ich
kenne die Adligen und ich haſſe die Adligen.“
„Aber Du liebſt doch mich, Oswald, und ich ge¬
höre doch auch zu der verfehmten Klaſſe.“
„Leider,“ ſagte Oswald, „und es iſt das der
einzige Fehler, Du Holde, den ich an Dir habe ent¬
decken können. Aber dann biſt Du ſo engelgut und
lieb, und da gehſt Du durch dieſen Schwefelpfuhl,
ohne auch nur den Saum Deines leuchtenden Ge¬
wandes zu beflecken. Und ſo ſehr Du auch im Ver¬
gleich mit dieſen eitlen, dummen Pfauen gewinnen
mußt, ſo fürchte ich doch, daß von dem feurigen Haß,
den ich gegen die ganze Sippſchaft habe, unverſehens
auch ein Funken auf Dich ſpritzen könnte. Jetzt biſt
Du mir eine Königin, eine Chatelaine, die aus ihrem
Schloß ſich weggeſtohlen hat, den Herzallerliebſten
flüchtig zu umarmen, und ich vergeſſe Deinen Rang,
Deine Hoheit hier in dieſer traulichen Waldeinſamkeit.
1*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |