"Auf ein Wort, Herr Doctor!" -- und dann im leisen Ton: "Ich tanze den Cotillon mit Ihnen, ich weiß, Sie sind nicht engagirt; ich habe den Grafen Grieben so zur Verzweiflung gebracht, daß er so eben mit seinen Eltern fortgefahren ist. Er vermuthet wahrscheinlich, das werde großen Eindruck auf mich machen, der Narr! Entschuldigen Sie Herr von Sylow, ich bin noch zu angegriffen. Tanzen Sie eine Extra¬ tour mit meiner Cousine. Sie schmachtet nach Ihnen. -- Gott sei Dank, daß er fort ist! -- Oswald, und Du liebst mich? liebst mich wirklich? Ich kann es kaum glauben. Mir schwindelt der Kopf; ich möchte laut aufjauchzen vor Lust und Wonne. O, bitte, bitte, sieh' mich nicht so an, ich muß -- muß Dir sonst um den Hals fallen und Dich küssen, wie vorhin. Bist Du mir bös, Oswald? Es war wohl recht schlecht von mir. Aber sieh', ich konnte nicht anders. Warum sprichst Du nicht Oswald?"
"Weil es süß ist, Ihrem Geplauder zuzu¬ hören."
"Ich bin wohl ein rechtes Kind, nicht wahr? Aber warum nennen Sie mich nicht Du?"
Glaubst Du denn, Holde, daß man nur die liebt, die man Du nennt?"
"Nein, aber daß man die Du nennt, die man
„Auf ein Wort, Herr Doctor!“ — und dann im leiſen Ton: „Ich tanze den Cotillon mit Ihnen, ich weiß, Sie ſind nicht engagirt; ich habe den Grafen Grieben ſo zur Verzweiflung gebracht, daß er ſo eben mit ſeinen Eltern fortgefahren iſt. Er vermuthet wahrſcheinlich, das werde großen Eindruck auf mich machen, der Narr! Entſchuldigen Sie Herr von Sylow, ich bin noch zu angegriffen. Tanzen Sie eine Extra¬ tour mit meiner Couſine. Sie ſchmachtet nach Ihnen. — Gott ſei Dank, daß er fort iſt! — Oswald, und Du liebſt mich? liebſt mich wirklich? Ich kann es kaum glauben. Mir ſchwindelt der Kopf; ich möchte laut aufjauchzen vor Luſt und Wonne. O, bitte, bitte, ſieh' mich nicht ſo an, ich muß — muß Dir ſonſt um den Hals fallen und Dich küſſen, wie vorhin. Biſt Du mir bös, Oswald? Es war wohl recht ſchlecht von mir. Aber ſieh', ich konnte nicht anders. Warum ſprichſt Du nicht Oswald?“
„Weil es ſüß iſt, Ihrem Geplauder zuzu¬ hören.“
„Ich bin wohl ein rechtes Kind, nicht wahr? Aber warum nennen Sie mich nicht Du?“
Glaubſt Du denn, Holde, daß man nur die liebt, die man Du nennt?“
„Nein, aber daß man die Du nennt, die man
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0108"n="98"/><p>„Auf ein Wort, Herr Doctor!“— und dann im<lb/>
leiſen Ton: „Ich tanze den Cotillon mit Ihnen, ich<lb/>
weiß, Sie ſind nicht engagirt; ich habe den Grafen<lb/>
Grieben ſo zur Verzweiflung gebracht, daß er ſo eben<lb/>
mit ſeinen Eltern fortgefahren iſt. Er vermuthet<lb/>
wahrſcheinlich, das werde großen Eindruck auf mich<lb/>
machen, der Narr! Entſchuldigen Sie Herr von Sylow,<lb/>
ich bin noch zu angegriffen. Tanzen Sie eine Extra¬<lb/>
tour mit meiner Couſine. Sie ſchmachtet nach Ihnen.<lb/>— Gott ſei Dank, daß er fort iſt! — Oswald, und<lb/>
Du liebſt mich? liebſt mich wirklich? Ich kann es<lb/>
kaum glauben. Mir ſchwindelt der Kopf; ich möchte<lb/>
laut aufjauchzen vor Luſt und Wonne. O, bitte, bitte,<lb/>ſieh' mich nicht ſo an, ich muß — muß Dir ſonſt<lb/>
um den Hals fallen und Dich küſſen, wie vorhin.<lb/>
Biſt Du mir bös, Oswald? Es war wohl recht ſchlecht<lb/>
von mir. Aber ſieh', ich konnte nicht anders. Warum<lb/>ſprichſt Du nicht Oswald?“</p><lb/><p>„Weil es ſüß iſt, Ihrem Geplauder zuzu¬<lb/>
hören.“</p><lb/><p>„Ich bin wohl ein rechtes Kind, nicht wahr? Aber<lb/>
warum nennen Sie mich nicht Du?“</p><lb/><p>Glaubſt Du denn, Holde, daß man nur die liebt,<lb/>
die man Du nennt?“</p><lb/><p>„Nein, aber daß man die Du nennt, die man<lb/></p></div></body></text></TEI>
[98/0108]
„Auf ein Wort, Herr Doctor!“ — und dann im
leiſen Ton: „Ich tanze den Cotillon mit Ihnen, ich
weiß, Sie ſind nicht engagirt; ich habe den Grafen
Grieben ſo zur Verzweiflung gebracht, daß er ſo eben
mit ſeinen Eltern fortgefahren iſt. Er vermuthet
wahrſcheinlich, das werde großen Eindruck auf mich
machen, der Narr! Entſchuldigen Sie Herr von Sylow,
ich bin noch zu angegriffen. Tanzen Sie eine Extra¬
tour mit meiner Couſine. Sie ſchmachtet nach Ihnen.
— Gott ſei Dank, daß er fort iſt! — Oswald, und
Du liebſt mich? liebſt mich wirklich? Ich kann es
kaum glauben. Mir ſchwindelt der Kopf; ich möchte
laut aufjauchzen vor Luſt und Wonne. O, bitte, bitte,
ſieh' mich nicht ſo an, ich muß — muß Dir ſonſt
um den Hals fallen und Dich küſſen, wie vorhin.
Biſt Du mir bös, Oswald? Es war wohl recht ſchlecht
von mir. Aber ſieh', ich konnte nicht anders. Warum
ſprichſt Du nicht Oswald?“
„Weil es ſüß iſt, Ihrem Geplauder zuzu¬
hören.“
„Ich bin wohl ein rechtes Kind, nicht wahr? Aber
warum nennen Sie mich nicht Du?“
Glaubſt Du denn, Holde, daß man nur die liebt,
die man Du nennt?“
„Nein, aber daß man die Du nennt, die man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/108>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.