Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.eingenickt sein; denn sie richtete den tief gesenkten Kopf "Guten Morgen, Mütterchen!" sagte dieser stehen "Ja!" sagte die Frau mit für ihr Alter auffallen¬ "Ja, Mütterchen! wann fängt die Predigt an?" Die Alte warf einen Blick nach der Sonne und "Ich hab' zu lang geschlafen; für mich ist es nun "Stein -- Oswald Stein." "Stein? den Namen muß ich schon gehört haben." "Wohl möglich, er ist nicht eben sehr selten." "Stein -- hm, hm; nicht für ungut, wo sind Sie Oswald, dem es Vergnügen machte, sich so harm¬ eingenickt ſein; denn ſie richtete den tief geſenkten Kopf „Guten Morgen, Mütterchen!“ ſagte dieſer ſtehen „Ja!“ ſagte die Frau mit für ihr Alter auffallen¬ „Ja, Mütterchen! wann fängt die Predigt an?“ Die Alte warf einen Blick nach der Sonne und „Ich hab' zu lang geſchlafen; für mich iſt es nun „Stein — Oswald Stein.“ „Stein? den Namen muß ich ſchon gehört haben.“ „Wohl möglich, er iſt nicht eben ſehr ſelten.“ „Stein — hm, hm; nicht für ungut, wo ſind Sie Oswald, dem es Vergnügen machte, ſich ſo harm¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="89"/> eingenickt ſein; denn ſie richtete den tief geſenkten Kopf<lb/> ſchnell in die Höhe, als Oswald in ihre Nähe kam<lb/> und betrachtete verwundert den jungen Mann.</p><lb/> <p>„Guten Morgen, Mütterchen!“ ſagte dieſer ſtehen<lb/> bleibend; „iſt das Dorf dort gerade vor uns Faſchwitz?“</p><lb/> <p>„Ja!“ ſagte die Frau mit für ihr Alter auffallen¬<lb/> der Lebhaftigkeit, „der junge Herr will wohl auch in<lb/> die Kirche?“</p><lb/> <p>„Ja, Mütterchen! wann fängt die Predigt an?“</p><lb/> <p>Die Alte warf einen Blick nach der Sonne und<lb/> ſagte:</p><lb/> <p>„Ich hab' zu lang geſchlafen; für mich iſt es nun<lb/> ſchon zu ſpät; meine alten Beine tragen mich nicht<lb/> mehr ſo ſchnell; aber Sie ſind ein junger Menſch,<lb/> Sie kommen ſchon noch zur rechten Zeit. Nicht für<lb/> ungut, wie iſt Ihr Name, junger Herr?“</p><lb/> <p>„Stein — Oswald Stein.“</p><lb/> <p>„Stein? den Namen muß ich ſchon gehört haben.“</p><lb/> <p>„Wohl möglich, er iſt nicht eben ſehr ſelten.“</p><lb/> <p>„Stein — hm, hm; nicht für ungut, wo ſind Sie<lb/> her, Herr Stein?“</p><lb/> <p>Oswald, dem es Vergnügen machte, ſich ſo harm¬<lb/> los ausgefragt zu ſehen, und dem die Art der alten<lb/> Frau wohl gefiel, ſetzte ſich, da es ihn eben nicht<lb/> drängte, in die Kirche zu kommen, der Matrone gegen¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0099]
eingenickt ſein; denn ſie richtete den tief geſenkten Kopf
ſchnell in die Höhe, als Oswald in ihre Nähe kam
und betrachtete verwundert den jungen Mann.
„Guten Morgen, Mütterchen!“ ſagte dieſer ſtehen
bleibend; „iſt das Dorf dort gerade vor uns Faſchwitz?“
„Ja!“ ſagte die Frau mit für ihr Alter auffallen¬
der Lebhaftigkeit, „der junge Herr will wohl auch in
die Kirche?“
„Ja, Mütterchen! wann fängt die Predigt an?“
Die Alte warf einen Blick nach der Sonne und
ſagte:
„Ich hab' zu lang geſchlafen; für mich iſt es nun
ſchon zu ſpät; meine alten Beine tragen mich nicht
mehr ſo ſchnell; aber Sie ſind ein junger Menſch,
Sie kommen ſchon noch zur rechten Zeit. Nicht für
ungut, wie iſt Ihr Name, junger Herr?“
„Stein — Oswald Stein.“
„Stein? den Namen muß ich ſchon gehört haben.“
„Wohl möglich, er iſt nicht eben ſehr ſelten.“
„Stein — hm, hm; nicht für ungut, wo ſind Sie
her, Herr Stein?“
Oswald, dem es Vergnügen machte, ſich ſo harm¬
los ausgefragt zu ſehen, und dem die Art der alten
Frau wohl gefiel, ſetzte ſich, da es ihn eben nicht
drängte, in die Kirche zu kommen, der Matrone gegen¬
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