da Melitta erklärte, noch ein Stündchen bleiben zu können, ein Reifspiel in Vorschlag, Bruno sprang fort, die Reifen zu holen, die weder verlegt noch außer Stande waren, ein Umstand, der gewiß für die muster¬ hafte Ordnung, die in dem Schlosse Grenwitz herrschte, beredt genug spricht; und bald hatte sich die Gesell¬ schaft auf dem Rasen in einem weiten Kreise aufge¬ stellt und die bunten Reifen flogen lustig durch die weiche, warme Abendluft von Einem zum Anderen. Alle, selbst der alte Baron, legten eine größere oder geringere Geschicklichkeit an den Tag, mit Ausnahme von Malte, der seinen Reif in den meisten Fällen, wo er ihm nicht unmittelbar auf den Stock geflogen kam, fallen ließ, eine Gelegenheit, die Melitta, seine Nach¬ barin, zum großen Aerger Bruno's, der die Spiel¬ regeln eingehalten wissen wollte, jedesmal benutzte, ihren Reif aus der Reihe einem der Mitspieler blitz¬ schnell über den Kopf zu schleudern, wobei Oswald nicht umhin konnte, zu bemerken, daß Melitta ihn häufiger wie die Uebrigen auf diese Weise auszeichnete.
Unterdessen war der Abend tiefer herabgesunken; der alte Baron hatte eine schwache Spur von Thau auf dem Rasen bemerkt; Abendthau aber war nach seiner Meinung reines Gift für Malte, der als kleines Kind eine Zeit lang viel an der Bräune gelitten hatte,
da Melitta erklärte, noch ein Stündchen bleiben zu können, ein Reifſpiel in Vorſchlag, Bruno ſprang fort, die Reifen zu holen, die weder verlegt noch außer Stande waren, ein Umſtand, der gewiß für die muſter¬ hafte Ordnung, die in dem Schloſſe Grenwitz herrſchte, beredt genug ſpricht; und bald hatte ſich die Geſell¬ ſchaft auf dem Raſen in einem weiten Kreiſe aufge¬ ſtellt und die bunten Reifen flogen luſtig durch die weiche, warme Abendluft von Einem zum Anderen. Alle, ſelbſt der alte Baron, legten eine größere oder geringere Geſchicklichkeit an den Tag, mit Ausnahme von Malte, der ſeinen Reif in den meiſten Fällen, wo er ihm nicht unmittelbar auf den Stock geflogen kam, fallen ließ, eine Gelegenheit, die Melitta, ſeine Nach¬ barin, zum großen Aerger Bruno's, der die Spiel¬ regeln eingehalten wiſſen wollte, jedesmal benutzte, ihren Reif aus der Reihe einem der Mitſpieler blitz¬ ſchnell über den Kopf zu ſchleudern, wobei Oswald nicht umhin konnte, zu bemerken, daß Melitta ihn häufiger wie die Uebrigen auf dieſe Weiſe auszeichnete.
Unterdeſſen war der Abend tiefer herabgeſunken; der alte Baron hatte eine ſchwache Spur von Thau auf dem Raſen bemerkt; Abendthau aber war nach ſeiner Meinung reines Gift für Malte, der als kleines Kind eine Zeit lang viel an der Bräune gelitten hatte,
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da Melitta erklärte, noch ein Stündchen bleiben zu
können, ein Reifſpiel in Vorſchlag, Bruno ſprang fort,
die Reifen zu holen, die weder verlegt noch außer
Stande waren, ein Umſtand, der gewiß für die muſter¬
hafte Ordnung, die in dem Schloſſe Grenwitz herrſchte,
beredt genug ſpricht; und bald hatte ſich die Geſell¬
ſchaft auf dem Raſen in einem weiten Kreiſe aufge¬
ſtellt und die bunten Reifen flogen luſtig durch die
weiche, warme Abendluft von Einem zum Anderen.
Alle, ſelbſt der alte Baron, legten eine größere oder
geringere Geſchicklichkeit an den Tag, mit Ausnahme
von Malte, der ſeinen Reif in den meiſten Fällen, wo
er ihm nicht unmittelbar auf den Stock geflogen kam,
fallen ließ, eine Gelegenheit, die Melitta, ſeine Nach¬
barin, zum großen Aerger Bruno's, der die Spiel¬
regeln eingehalten wiſſen wollte, jedesmal benutzte,
ihren Reif aus der Reihe einem der Mitſpieler blitz¬
ſchnell über den Kopf zu ſchleudern, wobei Oswald
nicht umhin konnte, zu bemerken, daß Melitta ihn
häufiger wie die Uebrigen auf dieſe Weiſe auszeichnete.
Unterdeſſen war der Abend tiefer herabgeſunken;
der alte Baron hatte eine ſchwache Spur von Thau
auf dem Raſen bemerkt; Abendthau aber war nach
ſeiner Meinung reines Gift für Malte, der als kleines
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/90>, abgerufen am 27.11.2024.
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