fältig vermied, daß sie sich dieses Eindrucks wohl be¬ wußt war und ihn auf jede Weise zu erhalten suchte.
Ob die Dame, welche sich bei der Baronin befand, sich durch die stattliche Erscheinung derselben imponiren ließ, oder es für passend hielt, wenigstens den Anschein davon anzunehmen, lassen wir dahingestellt; so viel ist sicher, daß sie sich in diesem Momente einer Haltung befleißigte, die mit dem Ausdruck ihres Gesichts, ja nicht einmal mit ihrem Anzuge übereinzustimmen schien. Sie trägt ein Reitgewand von dunkelgrünem Sammet, das hinreichend in die Höhe gesteckt ist, um die Ama¬ zone nicht beim Gehen zu hindern und ihre schmalen Füße, die in eleganten Stiefelchen stecken, zu verhüllen. Das enganschließende Gewand hebt die schönen Formen des jugendlich-vollen Körpers vortheilhaft hervor, und der kleine runde Hut, der nebst Handschuhen und Reit¬ peitsche auf einem kleinen Tische in ihrer Nähe liegt, muß diesem wohlgebildeten Kopfe mit den üppigen, braunen Haaren, die, einfach in der Mitte gescheitelt, in reichen Wellen über Stirn und Ohren fallen und hinten zu einem Kranze aufgebunden sind, vortrefflich stehen. Sie sitzt der streng wirthschaftlichen und mu¬ sterhaft fleißigen Baronin, die an einem Stück Lein¬ wand, das möglicherweise eine Serviette ist, eifrig näht, gegenüber und scheint mit dem Sticken eines
fältig vermied, daß ſie ſich dieſes Eindrucks wohl be¬ wußt war und ihn auf jede Weiſe zu erhalten ſuchte.
Ob die Dame, welche ſich bei der Baronin befand, ſich durch die ſtattliche Erſcheinung derſelben imponiren ließ, oder es für paſſend hielt, wenigſtens den Anſchein davon anzunehmen, laſſen wir dahingeſtellt; ſo viel iſt ſicher, daß ſie ſich in dieſem Momente einer Haltung befleißigte, die mit dem Ausdruck ihres Geſichts, ja nicht einmal mit ihrem Anzuge übereinzuſtimmen ſchien. Sie trägt ein Reitgewand von dunkelgrünem Sammet, das hinreichend in die Höhe geſteckt iſt, um die Ama¬ zone nicht beim Gehen zu hindern und ihre ſchmalen Füße, die in eleganten Stiefelchen ſtecken, zu verhüllen. Das enganſchließende Gewand hebt die ſchönen Formen des jugendlich-vollen Körpers vortheilhaft hervor, und der kleine runde Hut, der nebſt Handſchuhen und Reit¬ peitſche auf einem kleinen Tiſche in ihrer Nähe liegt, muß dieſem wohlgebildeten Kopfe mit den üppigen, braunen Haaren, die, einfach in der Mitte geſcheitelt, in reichen Wellen über Stirn und Ohren fallen und hinten zu einem Kranze aufgebunden ſind, vortrefflich ſtehen. Sie ſitzt der ſtreng wirthſchaftlichen und mu¬ ſterhaft fleißigen Baronin, die an einem Stück Lein¬ wand, das möglicherweiſe eine Serviette iſt, eifrig näht, gegenüber und ſcheint mit dem Sticken eines
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fältig vermied, daß ſie ſich dieſes Eindrucks wohl be¬
wußt war und ihn auf jede Weiſe zu erhalten ſuchte.
Ob die Dame, welche ſich bei der Baronin befand,
ſich durch die ſtattliche Erſcheinung derſelben imponiren
ließ, oder es für paſſend hielt, wenigſtens den Anſchein
davon anzunehmen, laſſen wir dahingeſtellt; ſo viel iſt
ſicher, daß ſie ſich in dieſem Momente einer Haltung
befleißigte, die mit dem Ausdruck ihres Geſichts, ja
nicht einmal mit ihrem Anzuge übereinzuſtimmen ſchien.
Sie trägt ein Reitgewand von dunkelgrünem Sammet,
das hinreichend in die Höhe geſteckt iſt, um die Ama¬
zone nicht beim Gehen zu hindern und ihre ſchmalen
Füße, die in eleganten Stiefelchen ſtecken, zu verhüllen.
Das enganſchließende Gewand hebt die ſchönen Formen
des jugendlich-vollen Körpers vortheilhaft hervor, und
der kleine runde Hut, der nebſt Handſchuhen und Reit¬
peitſche auf einem kleinen Tiſche in ihrer Nähe liegt,
muß dieſem wohlgebildeten Kopfe mit den üppigen,
braunen Haaren, die, einfach in der Mitte geſcheitelt,
in reichen Wellen über Stirn und Ohren fallen und
hinten zu einem Kranze aufgebunden ſind, vortrefflich
ſtehen. Sie ſitzt der ſtreng wirthſchaftlichen und mu¬
ſterhaft fleißigen Baronin, die an einem Stück Lein¬
wand, das möglicherweiſe eine Serviette iſt, eifrig
näht, gegenüber und ſcheint mit dem Sticken eines
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/70>, abgerufen am 26.11.2024.
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