unter ihnen verbreitet hatte, es sei hinter der einen Scheune ein Sack Korn aufgegangen.
Oswald hatte mit vielem Vergnügen das Still¬ leben eines ländlichen Hofes an einem warmen Som¬ mernachmittag betrachtet; Bruno den schweigsamen Kutscher über die beiden einzigen Themata, bei denen man es mit einiger Aussicht auf Erfolg konnte, über seine Pferde und seinen Kater, in eine Unterhaltung zu verwickeln gesucht; Malte sich unterdessen gelang¬ weilt, da er überhaupt nur sehr wenigen Dingen Ge¬ schmack abgewinnen konnte, und zu diesen Dingen Enten und Hühner, wenigstens so lange sie im Licht der Sonne wandelten, sicherlich nicht gehörten. Er drang deshalb darauf, den Spaziergang fortzusetzen, und so gingen sie denn von dem Hofe durch das Dörfchen jämmerlicher kleiner Kathen, um auf das Feld zu ge¬ langen, In einiger Entfernung vor ihnen auf dem mit Weiden besetzten Wege schien ein Knecht seinen Wagen im Graben umgeworfen oder festgefahren zu haben. Die Pferde standen quer über den Weg und er zerrte an ihnen herum und fluchte und schimpfte, wie das Leute seines Schlages bei solchen Gelegenhei¬ ten zu thun pflegen. Zuletzt schien dem Manne die geringe Geduld, die ihm die Natur verliehen und der wahrscheinlich reichlich genossene Schnaps noch übrig
unter ihnen verbreitet hatte, es ſei hinter der einen Scheune ein Sack Korn aufgegangen.
Oswald hatte mit vielem Vergnügen das Still¬ leben eines ländlichen Hofes an einem warmen Som¬ mernachmittag betrachtet; Bruno den ſchweigſamen Kutſcher über die beiden einzigen Themata, bei denen man es mit einiger Ausſicht auf Erfolg konnte, über ſeine Pferde und ſeinen Kater, in eine Unterhaltung zu verwickeln geſucht; Malte ſich unterdeſſen gelang¬ weilt, da er überhaupt nur ſehr wenigen Dingen Ge¬ ſchmack abgewinnen konnte, und zu dieſen Dingen Enten und Hühner, wenigſtens ſo lange ſie im Licht der Sonne wandelten, ſicherlich nicht gehörten. Er drang deshalb darauf, den Spaziergang fortzuſetzen, und ſo gingen ſie denn von dem Hofe durch das Dörfchen jämmerlicher kleiner Kathen, um auf das Feld zu ge¬ langen, In einiger Entfernung vor ihnen auf dem mit Weiden beſetzten Wege ſchien ein Knecht ſeinen Wagen im Graben umgeworfen oder feſtgefahren zu haben. Die Pferde ſtanden quer über den Weg und er zerrte an ihnen herum und fluchte und ſchimpfte, wie das Leute ſeines Schlages bei ſolchen Gelegenhei¬ ten zu thun pflegen. Zuletzt ſchien dem Manne die geringe Geduld, die ihm die Natur verliehen und der wahrſcheinlich reichlich genoſſene Schnaps noch übrig
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unter ihnen verbreitet hatte, es ſei hinter der einen
Scheune ein Sack Korn aufgegangen.
Oswald hatte mit vielem Vergnügen das Still¬
leben eines ländlichen Hofes an einem warmen Som¬
mernachmittag betrachtet; Bruno den ſchweigſamen
Kutſcher über die beiden einzigen Themata, bei denen
man es mit einiger Ausſicht auf Erfolg konnte, über
ſeine Pferde und ſeinen Kater, in eine Unterhaltung
zu verwickeln geſucht; Malte ſich unterdeſſen gelang¬
weilt, da er überhaupt nur ſehr wenigen Dingen Ge¬
ſchmack abgewinnen konnte, und zu dieſen Dingen Enten
und Hühner, wenigſtens ſo lange ſie im Licht der
Sonne wandelten, ſicherlich nicht gehörten. Er drang
deshalb darauf, den Spaziergang fortzuſetzen, und ſo
gingen ſie denn von dem Hofe durch das Dörfchen
jämmerlicher kleiner Kathen, um auf das Feld zu ge¬
langen, In einiger Entfernung vor ihnen auf dem
mit Weiden beſetzten Wege ſchien ein Knecht ſeinen
Wagen im Graben umgeworfen oder feſtgefahren zu
haben. Die Pferde ſtanden quer über den Weg und
er zerrte an ihnen herum und fluchte und ſchimpfte,
wie das Leute ſeines Schlages bei ſolchen Gelegenhei¬
ten zu thun pflegen. Zuletzt ſchien dem Manne die
geringe Geduld, die ihm die Natur verliehen und der
wahrſcheinlich reichlich genoſſene Schnaps noch übrig
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/60>, abgerufen am 25.11.2024.
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