Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861."Weil ich Sie zu verlieren fürchte; doppelt zu ver¬ Das Examen war vorüber; ich hatte, wie Berger "Haben Sie Lust, in einer adligen Familie Erzieher "Das könnte ich eben nicht behaupten." "Glaub's wohl; aber die Bedingungen sind so vor¬ "Und das nennen Sie vortheilhafte Bedingungen. "Hören Sie nur! Von den vier Jahren haben „Weil ich Sie zu verlieren fürchte; doppelt zu ver¬ Das Examen war vorüber; ich hatte, wie Berger „Haben Sie Luſt, in einer adligen Familie Erzieher „Das könnte ich eben nicht behaupten.“ „Glaub's wohl; aber die Bedingungen ſind ſo vor¬ „Und das nennen Sie vortheilhafte Bedingungen. „Hören Sie nur! Von den vier Jahren haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0033" n="23"/> <p>„Weil ich Sie zu verlieren fürchte; doppelt zu ver¬<lb/> lieren. Du lieber Himmel, welche Wandlungen können<lb/> nicht mit einem Menſchen vorgehen, dem man den<lb/> Großvaterſtuhl eines Amtes giebt, und die Schlaf¬<lb/> mütze einer Würde aufſetzt! Vielleicht kommen auch<lb/> Sie noch dahin, den Horaz für einen großen Dichter<lb/> zu halten, und den Cicero für einen eminenten Philo¬<lb/> ſophen; vielleicht werden Sie gar in dieſer engbrüſtigen<lb/> Zeit aus lieber langer Weile ein gelehrter Profeſſor,<lb/> wie ich.“</p><lb/> <p>Das Examen war vorüber; ich hatte, wie Berger<lb/> ſagte, die Erlaubniß erhalten, das Stroh dreſchen zu<lb/> dürfen. Da kommt er eines Tages mit einem Briefe<lb/> in der Hand zu mir und fragt:</p><lb/> <p>„Haben Sie Luſt, in einer adligen Familie Erzieher<lb/> zu werden?“</p><lb/> <p>„Das könnte ich eben nicht behaupten.“</p><lb/> <p>„Glaub's wohl; aber die Bedingungen ſind ſo vor¬<lb/> theilhaft, daß es ſich mindeſtens der Mühe verlohnt,<lb/> die Sache in Ueberlegung zu ziehen. Sie müſſen ſich<lb/> auf vier Jahre verbindlich machen.“</p><lb/> <p>„Und das nennen Sie vortheilhafte Bedingungen.<lb/> Vier Jahre! nicht vier Wochen!“</p><lb/> <p>„Hören Sie nur! Von den vier Jahren haben<lb/> Sie nur zwei in dem Hauſe zuzubringen, die übrige<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
„Weil ich Sie zu verlieren fürchte; doppelt zu ver¬
lieren. Du lieber Himmel, welche Wandlungen können
nicht mit einem Menſchen vorgehen, dem man den
Großvaterſtuhl eines Amtes giebt, und die Schlaf¬
mütze einer Würde aufſetzt! Vielleicht kommen auch
Sie noch dahin, den Horaz für einen großen Dichter
zu halten, und den Cicero für einen eminenten Philo¬
ſophen; vielleicht werden Sie gar in dieſer engbrüſtigen
Zeit aus lieber langer Weile ein gelehrter Profeſſor,
wie ich.“
Das Examen war vorüber; ich hatte, wie Berger
ſagte, die Erlaubniß erhalten, das Stroh dreſchen zu
dürfen. Da kommt er eines Tages mit einem Briefe
in der Hand zu mir und fragt:
„Haben Sie Luſt, in einer adligen Familie Erzieher
zu werden?“
„Das könnte ich eben nicht behaupten.“
„Glaub's wohl; aber die Bedingungen ſind ſo vor¬
theilhaft, daß es ſich mindeſtens der Mühe verlohnt,
die Sache in Ueberlegung zu ziehen. Sie müſſen ſich
auf vier Jahre verbindlich machen.“
„Und das nennen Sie vortheilhafte Bedingungen.
Vier Jahre! nicht vier Wochen!“
„Hören Sie nur! Von den vier Jahren haben
Sie nur zwei in dem Hauſe zuzubringen, die übrige
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