Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.Ich sah deshalb ein, daß es eine Barbarei sein würde, "Und für Sie selber," schaltete Oswald ein. "Nun, das war das wenigste; aber ich sah ein, "Ich dächte, Sie hätten das stets nach Kräften, "Ach, Spaß," sagte der Andere; "die Luft war Ich ſah deshalb ein, daß es eine Barbarei ſein würde, „Und für Sie ſelber,“ ſchaltete Oswald ein. „Nun, das war das wenigſte; aber ich ſah ein, „Ich dächte, Sie hätten das ſtets nach Kräften, „Ach, Spaß,“ ſagte der Andere; „die Luft war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0256" n="246"/> Ich ſah deshalb ein, daß es eine Barbarei ſein würde,<lb/> ihm die Sorge für meinen jüngſten Bruder, der jetzt<lb/> auf die Schule kam, zuzumuthen, zumal dieſer ein ſehr<lb/> ſchwächlicher Knabe war — er iſt jetzt ein kräftiger<lb/> Burſche von zwanzig Jahren, ein braver, fleißiger<lb/> Junge, der nächſtens ſein erſtes theologiſches Examen<lb/> machen wird — ja, wollte ich ſagen? richtig: er war<lb/> damals ein ſchwächlicher, kränklicher Knabe, und be¬<lb/> durfte größerer Pflege. Für Beide aber das Nöthige<lb/> herbeizuſchaffen —“</p><lb/> <p>„Und für Sie ſelber,“ ſchaltete Oswald ein.</p><lb/> <p>„Nun, das war das wenigſte; aber ich ſah ein,<lb/> daß es ſo nicht länger ging, und da kam mir denn<lb/> die Hauslehrerſtelle in Berkow, die mir zu der Zeit<lb/> angeboten wurde, gerade recht. Vollkommen freie<lb/> Station, ein fabelhafter Gehalt — ich war überglück¬<lb/> lich. Jetzt hatte ich beide Arme frei, und konnte end¬<lb/> lich wirklich einmal etwas für die Familie thun.“</p><lb/> <p>„Ich dächte, Sie hätten das ſtets nach Kräften,<lb/> oder über ihre Kräfte gethan,“ ſagte Oswald.</p><lb/> <p>„Ach, Spaß,“ ſagte der Andere; „die Luft war<lb/> groß, aber die Kraft gering, und jetzt war die Unter¬<lb/> ſtützung nöthiger, wie je. Meine gute Mutter hatte<lb/> ſchon lange gekränkelt, jetzt verfiel auch mein Vater<lb/> in eine ſchwere Krankheit, die ſeine eiſerne Natur ſo<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [246/0256]
Ich ſah deshalb ein, daß es eine Barbarei ſein würde,
ihm die Sorge für meinen jüngſten Bruder, der jetzt
auf die Schule kam, zuzumuthen, zumal dieſer ein ſehr
ſchwächlicher Knabe war — er iſt jetzt ein kräftiger
Burſche von zwanzig Jahren, ein braver, fleißiger
Junge, der nächſtens ſein erſtes theologiſches Examen
machen wird — ja, wollte ich ſagen? richtig: er war
damals ein ſchwächlicher, kränklicher Knabe, und be¬
durfte größerer Pflege. Für Beide aber das Nöthige
herbeizuſchaffen —“
„Und für Sie ſelber,“ ſchaltete Oswald ein.
„Nun, das war das wenigſte; aber ich ſah ein,
daß es ſo nicht länger ging, und da kam mir denn
die Hauslehrerſtelle in Berkow, die mir zu der Zeit
angeboten wurde, gerade recht. Vollkommen freie
Station, ein fabelhafter Gehalt — ich war überglück¬
lich. Jetzt hatte ich beide Arme frei, und konnte end¬
lich wirklich einmal etwas für die Familie thun.“
„Ich dächte, Sie hätten das ſtets nach Kräften,
oder über ihre Kräfte gethan,“ ſagte Oswald.
„Ach, Spaß,“ ſagte der Andere; „die Luft war
groß, aber die Kraft gering, und jetzt war die Unter¬
ſtützung nöthiger, wie je. Meine gute Mutter hatte
ſchon lange gekränkelt, jetzt verfiel auch mein Vater
in eine ſchwere Krankheit, die ſeine eiſerne Natur ſo
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