Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.pern wünschen, denn das scheint uns auch nicht be¬ "Das Schicksal ist kein launisches Weib, sondern "Das ist er für euch Männer, und vielleicht ist es Die Thür öffnete sich und die Gestalt eines langen, pern wünſchen, denn das ſcheint uns auch nicht be¬ „Das Schickſal iſt kein launiſches Weib, ſondern „Das iſt er für euch Männer, und vielleicht iſt es Die Thür öffnete ſich und die Geſtalt eines langen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0178" n="168"/> pern wünſchen, denn das ſcheint uns auch nicht be¬<lb/> ſchieden;“ ſagte Melitta mit komiſch-klagendem Ton.<lb/> „Aber wird uns nicht oft gerade etwas beſchieden,<lb/> weil wir es lebhaft, heiß, unbeſcheiden wünſchen? Das<lb/> Schickſal gewährt uns unſern Wunſch, wie eine Mutter<lb/> dem bettelnden Kinde das Stückchen Kuchen, nur um<lb/> uns los zu werden.“</p><lb/> <p>„Das Schickſal iſt kein launiſches Weib, ſondern<lb/> ein harter felſenherziger Gott, und wenn wir etwas<lb/> von ihm haben wollen, müſſen wir es ihm abtrotzen.“</p><lb/> <p>„Das iſt er für euch Männer, und vielleicht iſt es<lb/> gut, daß dem ſo iſt — ihr würdet ſonſt zu über¬<lb/> müthig. Wir Frauen aber — du lieber Himmel, was<lb/> ſollte aus uns werden, wenn wir uns das bischen<lb/> Glück ertrotzen ſollten. Wir legen uns lieber auf's<lb/> Bitten und Betteln, und wenn wir eben alle Hoffnung<lb/> aufgeben wollen und ganz am Glück verzweifeln —<lb/> dann, gerade dann — ſehen Sie, da kommt der Bau¬<lb/> mann und mit ihm die Ausſicht auf unſer Vesperbrot.“</p><lb/> <p>Die Thür öffnete ſich und die Geſtalt eines langen,<lb/> hageren Mannes, deſſen altes, runzliges Geſicht mit<lb/> den buſchigen Augenbraunen, eine tiefe Narbe, die über<lb/> die kahle Stirn am Auge vorbei bis tief in die Wange<lb/> lief, und ein langer eisgrauer Schnurrbart etwas un¬<lb/> gemein Martialiſches gaben, erſchien auf der Schwelle.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [168/0178]
pern wünſchen, denn das ſcheint uns auch nicht be¬
ſchieden;“ ſagte Melitta mit komiſch-klagendem Ton.
„Aber wird uns nicht oft gerade etwas beſchieden,
weil wir es lebhaft, heiß, unbeſcheiden wünſchen? Das
Schickſal gewährt uns unſern Wunſch, wie eine Mutter
dem bettelnden Kinde das Stückchen Kuchen, nur um
uns los zu werden.“
„Das Schickſal iſt kein launiſches Weib, ſondern
ein harter felſenherziger Gott, und wenn wir etwas
von ihm haben wollen, müſſen wir es ihm abtrotzen.“
„Das iſt er für euch Männer, und vielleicht iſt es
gut, daß dem ſo iſt — ihr würdet ſonſt zu über¬
müthig. Wir Frauen aber — du lieber Himmel, was
ſollte aus uns werden, wenn wir uns das bischen
Glück ertrotzen ſollten. Wir legen uns lieber auf's
Bitten und Betteln, und wenn wir eben alle Hoffnung
aufgeben wollen und ganz am Glück verzweifeln —
dann, gerade dann — ſehen Sie, da kommt der Bau¬
mann und mit ihm die Ausſicht auf unſer Vesperbrot.“
Die Thür öffnete ſich und die Geſtalt eines langen,
hageren Mannes, deſſen altes, runzliges Geſicht mit
den buſchigen Augenbraunen, eine tiefe Narbe, die über
die kahle Stirn am Auge vorbei bis tief in die Wange
lief, und ein langer eisgrauer Schnurrbart etwas un¬
gemein Martialiſches gaben, erſchien auf der Schwelle.
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