Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.gegeben, daß man nicht ohne Wehmuth hineinschauen Mit dem doppelt scharfen Blick der Bettlerin und "Ja, er ist ein braver Bub', der Cziko," sagte sie, "Ist das ein Cymbal, was dort am Baume hängt?" "Geh, Cziko, zeig' dem Herrn, was Du kannst," Der Knabe nahm das Instrument herab, legte es gegeben, daß man nicht ohne Wehmuth hineinſchauen Mit dem doppelt ſcharfen Blick der Bettlerin und „Ja, er iſt ein braver Bub', der Cziko,“ ſagte ſie, „Iſt das ein Cymbal, was dort am Baume hängt?“ „Geh, Cziko, zeig' dem Herrn, was Du kannſt,“ Der Knabe nahm das Inſtrument herab, legte es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="139"/> gegeben, daß man nicht ohne Wehmuth hineinſchauen<lb/> konnte.</p><lb/> <p>Mit dem doppelt ſcharfen Blick der Bettlerin und<lb/> der Mutter ſah das Weib wohl, welch tiefen Eindruck<lb/> ihr Kind auf den Fremden machte.</p><lb/> <p>„Ja, er iſt ein braver Bub', der Cziko,“ ſagte ſie,<lb/> „flink wie ein Eichhorn und tapfer wie eine wilde Katz,<lb/> und das Cymbal ſchlägt er wie Keiner.“</p><lb/> <p>„Iſt das ein Cymbal, was dort am Baume hängt?“<lb/> fragte Oswald, einigermaßen erſtaunt, daß dies In¬<lb/> ſtrument noch anderswo, als in Lenau'ſchen Gedichten<lb/> exiſtire.</p><lb/> <p>„Geh, Cziko, zeig' dem Herrn, was Du kannſt,“<lb/> ſagte die Frau.</p><lb/> <p>Der Knabe nahm das Inſtrument herab, legte es<lb/> auf einen Baumſtumpf zurecht und die Klöpfel ergrei¬<lb/> fend, begann er, erſt langſam, dann ſchneller und immer<lb/> ſchneller hämmernd, eine wunderliche Muſik. Sein<lb/> Herz ſchien voll von Muſik; ſeine mageren braunen<lb/> Wangen rötheten ſich, die dunklen Augen, die er manch¬<lb/> mal träumend zu den Wipfeln erbob, leuchteten. Dann<lb/> fiel er in ein anderes Tempo und eine andere Melodie,<lb/> und nach den erſten Takten begann die Frau, die wäh¬<lb/> rend deſſen unter einem Keſſel ein Reiſigfeuer entfacht<lb/> hatte, in tiefer, wohllautender Stimme, an dem Keſſel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [139/0149]
gegeben, daß man nicht ohne Wehmuth hineinſchauen
konnte.
Mit dem doppelt ſcharfen Blick der Bettlerin und
der Mutter ſah das Weib wohl, welch tiefen Eindruck
ihr Kind auf den Fremden machte.
„Ja, er iſt ein braver Bub', der Cziko,“ ſagte ſie,
„flink wie ein Eichhorn und tapfer wie eine wilde Katz,
und das Cymbal ſchlägt er wie Keiner.“
„Iſt das ein Cymbal, was dort am Baume hängt?“
fragte Oswald, einigermaßen erſtaunt, daß dies In¬
ſtrument noch anderswo, als in Lenau'ſchen Gedichten
exiſtire.
„Geh, Cziko, zeig' dem Herrn, was Du kannſt,“
ſagte die Frau.
Der Knabe nahm das Inſtrument herab, legte es
auf einen Baumſtumpf zurecht und die Klöpfel ergrei¬
fend, begann er, erſt langſam, dann ſchneller und immer
ſchneller hämmernd, eine wunderliche Muſik. Sein
Herz ſchien voll von Muſik; ſeine mageren braunen
Wangen rötheten ſich, die dunklen Augen, die er manch¬
mal träumend zu den Wipfeln erbob, leuchteten. Dann
fiel er in ein anderes Tempo und eine andere Melodie,
und nach den erſten Takten begann die Frau, die wäh¬
rend deſſen unter einem Keſſel ein Reiſigfeuer entfacht
hatte, in tiefer, wohllautender Stimme, an dem Keſſel
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