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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.

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"Sehr gut, sehr gut!" sagte er. "Ja, ja, wir
geistreichen Leute gefallen uns in Paradoxen. Das
klebt uns noch von den ästhetischen Thee's der Resi¬
denz an, und da wollen wir hübsch in der Uebung
bleiben, wenn uns zur Zeit auch nur ein armer Land¬
pfarrer hört."

"Ich versichere Sie, Herr Pastor" --

"Weiß schon, weiß schon! Aber leben Sie erst
einmal, wie ich, fünf Jahre lang unter Bauern! Glau¬
ben Sie, daß ich in der ganzen Zeit die Leute habe
bewegen können, eine Glocke für unser Gotteshaus zu
kaufen, die anzuschaffen sie noch dazu verpflichtet sind?
Aber, wenn es darauf ankommt, einen Schmaus her¬
zurichten und andere weltliche Zwecke in's Werk zu
setzen, fehlt es nie an Geld."

"Nun," sagte Oswald, "der Adel hiesiger Gegend
ist auch nicht eben wegen seiner Nüchternheit und Ehr¬
barkeit berühmt."

"Der Adel, lieber Freund! das ist etwas ganz
Anderes. Seine Devise ist und muß sein: leben und
leben lassen. Aber, Sie wissen, Eines schickt sich nicht
für Alle."

"Und Manches schickt sich für Keinen," fügte Os¬
wald hinzu.

"Ach, hier kommt meine Gustava," rief der Pfarrer,

„Sehr gut, ſehr gut!“ ſagte er. „Ja, ja, wir
geiſtreichen Leute gefallen uns in Paradoxen. Das
klebt uns noch von den äſthetiſchen Thee's der Reſi¬
denz an, und da wollen wir hübſch in der Uebung
bleiben, wenn uns zur Zeit auch nur ein armer Land¬
pfarrer hört.“

„Ich verſichere Sie, Herr Paſtor“ —

„Weiß ſchon, weiß ſchon! Aber leben Sie erſt
einmal, wie ich, fünf Jahre lang unter Bauern! Glau¬
ben Sie, daß ich in der ganzen Zeit die Leute habe
bewegen können, eine Glocke für unſer Gotteshaus zu
kaufen, die anzuſchaffen ſie noch dazu verpflichtet ſind?
Aber, wenn es darauf ankommt, einen Schmaus her¬
zurichten und andere weltliche Zwecke in's Werk zu
ſetzen, fehlt es nie an Geld.“

„Nun,“ ſagte Oswald, „der Adel hieſiger Gegend
iſt auch nicht eben wegen ſeiner Nüchternheit und Ehr¬
barkeit berühmt.“

„Der Adel, lieber Freund! das iſt etwas ganz
Anderes. Seine Deviſe iſt und muß ſein: leben und
leben laſſen. Aber, Sie wiſſen, Eines ſchickt ſich nicht
für Alle.“

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wald hinzu.

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[112/0122] „Sehr gut, ſehr gut!“ ſagte er. „Ja, ja, wir geiſtreichen Leute gefallen uns in Paradoxen. Das klebt uns noch von den äſthetiſchen Thee's der Reſi¬ denz an, und da wollen wir hübſch in der Uebung bleiben, wenn uns zur Zeit auch nur ein armer Land¬ pfarrer hört.“ „Ich verſichere Sie, Herr Paſtor“ — „Weiß ſchon, weiß ſchon! Aber leben Sie erſt einmal, wie ich, fünf Jahre lang unter Bauern! Glau¬ ben Sie, daß ich in der ganzen Zeit die Leute habe bewegen können, eine Glocke für unſer Gotteshaus zu kaufen, die anzuſchaffen ſie noch dazu verpflichtet ſind? Aber, wenn es darauf ankommt, einen Schmaus her¬ zurichten und andere weltliche Zwecke in's Werk zu ſetzen, fehlt es nie an Geld.“ „Nun,“ ſagte Oswald, „der Adel hieſiger Gegend iſt auch nicht eben wegen ſeiner Nüchternheit und Ehr¬ barkeit berühmt.“ „Der Adel, lieber Freund! das iſt etwas ganz Anderes. Seine Deviſe iſt und muß ſein: leben und leben laſſen. Aber, Sie wiſſen, Eines ſchickt ſich nicht für Alle.“ „Und Manches ſchickt ſich für Keinen,“ fügte Os¬ wald hinzu. „Ach, hier kommt meine Guſtava,“ rief der Pfarrer,

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/122>, abgerufen am 27.11.2024.