Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.zu bedienen, Eitelkeit, Hoffahrt und weltlichen Sinn "Es thut mir leid, von meinen Freunden so etwas "Von Ihren Freunden?" fragte der Pastor ver¬ "Von meinen Freunden, allerdings. Denn ich fand Der Pfarrer hörte diese Tirade mit jenem ungläu¬ zu bedienen, Eitelkeit, Hoffahrt und weltlichen Sinn „Es thut mir leid, von meinen Freunden ſo etwas „Von Ihren Freunden?“ fragte der Paſtor ver¬ „Von meinen Freunden, allerdings. Denn ich fand Der Pfarrer hörte dieſe Tirade mit jenem ungläu¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="111"/> zu bedienen, Eitelkeit, Hoffahrt und weltlichen Sinn<lb/> hervorruft oder begünſtigt.“</p><lb/> <p>„Es thut mir leid, von meinen Freunden ſo etwas<lb/> hören zu müſſen,“ ſagte Oswald.</p><lb/> <p>„Von Ihren Freunden?“ fragte der Paſtor ver¬<lb/> wundert.</p><lb/> <p>„Von meinen Freunden, allerdings. Denn ich fand<lb/> mich ſtets, ohne es zu wollen und manchmal ohne es<lb/> zu wiſſen, wo immer in der Geſchichte der große Ge¬<lb/> genſatz zwiſchen Ariſtokraten und Plebejern hervortrat,<lb/> auf Seite der letzteren. Ich war ein geſchworner An¬<lb/> hänger der Grachen und anderer römiſcher Demagogen;<lb/> ich ſchlug mich mit den Independenten gegen die Ca¬<lb/> valiere, und ich geſtehe, daß ich ſelbſt in den Bauer¬<lb/> kriegen viel mehr Sympathie gehabt habe für die armen,<lb/> unterdrückten, gehudelten, geknechteten und in Folge<lb/> dieſer brutalen Behandlung meinetwegen auch brutalen<lb/> Bauern, als für die hochmögenden, reichsfreiherrlichen<lb/> und trotz oder vielmehr wegen all' der Freiheit und<lb/> Herrlichkeit oft nicht minder brutalen Grafen und<lb/> Barone.“</p><lb/> <p>Der Pfarrer hörte dieſe Tirade mit jenem ungläu¬<lb/> bigen Lächeln an, mit dem man dem Bramarbaſiren<lb/> junger Gelbſchnäbel zuhört, die ſich gern den Anſtrich<lb/> von vollendeten Wüſtlingen geben möchten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [111/0121]
zu bedienen, Eitelkeit, Hoffahrt und weltlichen Sinn
hervorruft oder begünſtigt.“
„Es thut mir leid, von meinen Freunden ſo etwas
hören zu müſſen,“ ſagte Oswald.
„Von Ihren Freunden?“ fragte der Paſtor ver¬
wundert.
„Von meinen Freunden, allerdings. Denn ich fand
mich ſtets, ohne es zu wollen und manchmal ohne es
zu wiſſen, wo immer in der Geſchichte der große Ge¬
genſatz zwiſchen Ariſtokraten und Plebejern hervortrat,
auf Seite der letzteren. Ich war ein geſchworner An¬
hänger der Grachen und anderer römiſcher Demagogen;
ich ſchlug mich mit den Independenten gegen die Ca¬
valiere, und ich geſtehe, daß ich ſelbſt in den Bauer¬
kriegen viel mehr Sympathie gehabt habe für die armen,
unterdrückten, gehudelten, geknechteten und in Folge
dieſer brutalen Behandlung meinetwegen auch brutalen
Bauern, als für die hochmögenden, reichsfreiherrlichen
und trotz oder vielmehr wegen all' der Freiheit und
Herrlichkeit oft nicht minder brutalen Grafen und
Barone.“
Der Pfarrer hörte dieſe Tirade mit jenem ungläu¬
bigen Lächeln an, mit dem man dem Bramarbaſiren
junger Gelbſchnäbel zuhört, die ſich gern den Anſtrich
von vollendeten Wüſtlingen geben möchten.
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