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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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geben schuldig ist/ so hat sich niemand dieser
offentlichen bekanntnüß zu schämen/ als wel-
che bloß zur Lebens-besserung und der Ein-
fältigen und Armen auffmunterung ange-
sehen ist; Jn ermangelung dieser/ wird man
die Leute/ so die gantze Woch deß Tages Hitz
und Last getragen/ nimmer zu wachsamer
auffmerckung vermögen/ oder von irrdischen
gedancken abführen können. Jch spüre es
leider! allzuviel bey denen Land-Visitatio-
nen/ wie die arbeitsame/ sonst moral-gute
Leutlein das Göttliche Wort verschlaffen/
und der Teuffel immittelst solches von den
hertzen reisset/ daß sie dardurch nicht bekehret
und selig werden. Hingegen gibt es die er-
fahrung/ daß der Eiffer wol zu bestehen/ und
gründliche Antwort zu geben/ viel von dem
schlaff und anderem irrdischen abhalte/ wol
eine begierde zum wachsthum bringe/ wann
anders der Prediger sittsam verfährt/ und
die Leute nicht etwa mit störrischen gebärden/
oder rauhen worten abschrecket.

Nachdem auch Drittens in denen ge-
wönlichen Sonntags Evangeliis nicht eben
die erwünschte gelegenheit vorkommet/ al-
les so zu dem Wahren Christenthum nöthig

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M 4

geben ſchuldig iſt/ ſo hat ſich niemand dieſer
offentlichen bekanntnuͤß zu ſchaͤmen/ als wel-
che bloß zur Lebens-beſſerung und der Ein-
faͤltigen und Armen auffmunterung ange-
ſehen iſt; Jn ermangelung dieſer/ wird man
die Leute/ ſo die gantze Woch deß Tages Hitz
und Laſt getragen/ nimmer zu wachſamer
auffmerckung vermoͤgen/ oder von irꝛdiſchen
gedancken abfuͤhren koͤnnen. Jch ſpuͤre es
leider! allzuviel bey denen Land-Viſitatio-
nen/ wie die arbeitſame/ ſonſt moral-gute
Leutlein das Goͤttliche Wort verſchlaffen/
und der Teuffel immittelſt ſolches von den
hertzen reiſſet/ daß ſie dardurch nicht bekehret
und ſelig werden. Hingegen gibt es die er-
fahrung/ daß der Eiffer wol zu beſtehen/ und
gruͤndliche Antwort zu geben/ viel von dem
ſchlaff und anderem irꝛdiſchen abhalte/ wol
eine begierde zum wachsthum bringe/ wann
anders der Prediger ſittſam verfaͤhrt/ und
die Leute nicht etwa mit ſtoͤrriſchen gebaͤrden/
oder rauhen worten abſchrecket.

Nachdem auch Drittens in denen ge-
woͤnlichen Sonntags Evangeliis nicht eben
die erwuͤnſchte gelegenheit vorkommet/ al-
les ſo zu dem Wahren Chriſtenthum noͤthig

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[270[271]/0297] geben ſchuldig iſt/ ſo hat ſich niemand dieſer offentlichen bekanntnuͤß zu ſchaͤmen/ als wel- che bloß zur Lebens-beſſerung und der Ein- faͤltigen und Armen auffmunterung ange- ſehen iſt; Jn ermangelung dieſer/ wird man die Leute/ ſo die gantze Woch deß Tages Hitz und Laſt getragen/ nimmer zu wachſamer auffmerckung vermoͤgen/ oder von irꝛdiſchen gedancken abfuͤhren koͤnnen. Jch ſpuͤre es leider! allzuviel bey denen Land-Viſitatio- nen/ wie die arbeitſame/ ſonſt moral-gute Leutlein das Goͤttliche Wort verſchlaffen/ und der Teuffel immittelſt ſolches von den hertzen reiſſet/ daß ſie dardurch nicht bekehret und ſelig werden. Hingegen gibt es die er- fahrung/ daß der Eiffer wol zu beſtehen/ und gruͤndliche Antwort zu geben/ viel von dem ſchlaff und anderem irꝛdiſchen abhalte/ wol eine begierde zum wachsthum bringe/ wann anders der Prediger ſittſam verfaͤhrt/ und die Leute nicht etwa mit ſtoͤrriſchen gebaͤrden/ oder rauhen worten abſchrecket. Nachdem auch Drittens in denen ge- woͤnlichen Sonntags Evangeliis nicht eben die erwuͤnſchte gelegenheit vorkommet/ al- les ſo zu dem Wahren Chriſtenthum noͤthig ohn- M 4

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 270[271]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/297>, abgerufen am 24.11.2024.