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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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gesetzet/ der ruhm eines subtilen verstandes
und scharpff sinnigkeit und die überwindung
deß gegeners/ sie möge geschehen auff was
weise sie wolle/ vielmehr die regel/ nach wel-
cher man gehet/ als die untersuchung und
erhaltung der warheit? Dardurch etwa der
widersacher also geärgert wird/ daß ob er
wol nicht zu antworten vermag/ die erkannte
art/ wie man gegen ihn gegangen/ die ge-
spürte fleischliche affecten, eingenommene
scheltwort und dergleichen dinge/ so nur nach
dem menschen schmäcken/ alle seine sonst ver-
hoffte bekehrung hindern. Solte man vie-
les bißheriges disputiren recht examiniren/
so würde man bald diesen bald jenen mangel
finden/ und ist wol zu glauben/ daß auch sol-
ches die ursach/ daß nicht alles was man
verlangt/ dardurch erhalten/ vielen aber da-
mit das disputiren dermassen zuwider wor-
den/ daß sie gar einen unziemlichen haß da-
gegen gefasset/ und nunmehr dem disputiren
beymessen wollen/ was dessen mißbrauchs
schuld ist.

Gleichwie aber nicht alles disputiren löb-
lich und nützlich/ also ist auch 2. das rechte
disputiren nicht das einige mittel/

der
F

geſetzet/ der ruhm eines ſubtilen verſtandes
und ſcharpff ſinnigkeit und die uͤberwindung
deß gegeners/ ſie moͤge geſchehen auff was
weiſe ſie wolle/ vielmehr die regel/ nach wel-
cher man gehet/ als die unterſuchung und
erhaltung der warheit? Dardurch etwa der
widerſacher alſo geaͤrgert wird/ daß ob er
wol nicht zu antworten vermag/ die erkannte
art/ wie man gegen ihn gegangen/ die ge-
ſpuͤrte fleiſchliche affecten, eingenommene
ſcheltwort und dergleichen dinge/ ſo nur nach
dem menſchen ſchmaͤcken/ alle ſeine ſonſt ver-
hoffte bekehrung hindern. Solte man vie-
les bißheriges diſputiren recht examiniren/
ſo wuͤrde man bald dieſen bald jenen mangel
finden/ und iſt wol zu glauben/ daß auch ſol-
ches die urſach/ daß nicht alles was man
verlangt/ dardurch erhalten/ vielen aber da-
mit das diſputiren dermaſſen zuwider wor-
den/ daß ſie gar einen unziemlichen haß da-
gegen gefaſſet/ und nunmehr dem diſputiren
beymeſſen wollen/ was deſſen mißbrauchs
ſchuld iſt.

Gleichwie aber nicht alles diſputiren loͤb-
lich und nuͤtzlich/ alſo iſt auch 2. das rechte
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der
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[121/0147] geſetzet/ der ruhm eines ſubtilen verſtandes und ſcharpff ſinnigkeit und die uͤberwindung deß gegeners/ ſie moͤge geſchehen auff was weiſe ſie wolle/ vielmehr die regel/ nach wel- cher man gehet/ als die unterſuchung und erhaltung der warheit? Dardurch etwa der widerſacher alſo geaͤrgert wird/ daß ob er wol nicht zu antworten vermag/ die erkannte art/ wie man gegen ihn gegangen/ die ge- ſpuͤrte fleiſchliche affecten, eingenommene ſcheltwort und dergleichen dinge/ ſo nur nach dem menſchen ſchmaͤcken/ alle ſeine ſonſt ver- hoffte bekehrung hindern. Solte man vie- les bißheriges diſputiren recht examiniren/ ſo wuͤrde man bald dieſen bald jenen mangel finden/ und iſt wol zu glauben/ daß auch ſol- ches die urſach/ daß nicht alles was man verlangt/ dardurch erhalten/ vielen aber da- mit das diſputiren dermaſſen zuwider wor- den/ daß ſie gar einen unziemlichen haß da- gegen gefaſſet/ und nunmehr dem diſputiren beymeſſen wollen/ was deſſen mißbrauchs ſchuld iſt. Gleichwie aber nicht alles diſputiren loͤb- lich und nuͤtzlich/ alſo iſt auch 2. das rechte diſputiren nicht das einige mittel/ der F

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/147>, abgerufen am 24.11.2024.