Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.und meynet weder GOtt oder creatur an- weiß
und meynet weder GOtt oder creatur an- weiß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0424" n="362"/> und meynet weder GOtt oder creatur an-<lb/> ders/ denn um ſein ſelbſt willen; und ob er<lb/> wol etwas liebe gegen Gott und ſeinen nech-<lb/> ſten traͤget/ ſo iſt doch anders nichts/ als ei-<lb/> ne grundloſe falſchheit darunter verborgen/<lb/> und alle menſchen werden durch ihn betro-<lb/> gen. Der falſche grund düncket ſich ſelbſt<lb/> gut zu ſeyn/ und berühmet ſich offtmahls<lb/> ſeines thuns und laſſens/ ſonderlich ſol-<lb/> cher dinge/ die tugendlich und gut ſchei-<lb/> nen/ und erhebt ſich darinn/ als waͤre es<lb/> eine groſſe tugend/ betreugt ſich aber ſelb-<lb/> ſten/ ſchreibet ihm ſelbſten alle tugenden zu/<lb/> und nicht GOtt. Er liebet keine tugend/ und<lb/> will doch wegen der tugend geehrt ſeyn. Der<lb/> falſche grund urtheilet andere menſchen/<lb/> wegen ihrer gebrechen/ und auch offt-<lb/> mahls wegen ihrer guten wercke: das kom-<lb/> met daher/ daß er vermeynet/ es ſey niemand<lb/> beſſer und tugendlicher/ denn er/ und will<lb/> nicht bekennen/ daß er gleich andern men-<lb/> ſchen gebrechlich ſey/ er will allezeit etwas<lb/> ſeyn/ ob er wol annoch mit dem grund aller<lb/> boßheit beladen iſt. Der falſche grund ach-<lb/> tet keine ſünde groß noch ſchwer/ er achtet ſie<lb/> faſt als nichts. Hierinn aber fehlet er ſehr/<lb/> und iſt ſo ſehr verblendet/ daß er nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">weiß</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [362/0424]
und meynet weder GOtt oder creatur an-
ders/ denn um ſein ſelbſt willen; und ob er
wol etwas liebe gegen Gott und ſeinen nech-
ſten traͤget/ ſo iſt doch anders nichts/ als ei-
ne grundloſe falſchheit darunter verborgen/
und alle menſchen werden durch ihn betro-
gen. Der falſche grund düncket ſich ſelbſt
gut zu ſeyn/ und berühmet ſich offtmahls
ſeines thuns und laſſens/ ſonderlich ſol-
cher dinge/ die tugendlich und gut ſchei-
nen/ und erhebt ſich darinn/ als waͤre es
eine groſſe tugend/ betreugt ſich aber ſelb-
ſten/ ſchreibet ihm ſelbſten alle tugenden zu/
und nicht GOtt. Er liebet keine tugend/ und
will doch wegen der tugend geehrt ſeyn. Der
falſche grund urtheilet andere menſchen/
wegen ihrer gebrechen/ und auch offt-
mahls wegen ihrer guten wercke: das kom-
met daher/ daß er vermeynet/ es ſey niemand
beſſer und tugendlicher/ denn er/ und will
nicht bekennen/ daß er gleich andern men-
ſchen gebrechlich ſey/ er will allezeit etwas
ſeyn/ ob er wol annoch mit dem grund aller
boßheit beladen iſt. Der falſche grund ach-
tet keine ſünde groß noch ſchwer/ er achtet ſie
faſt als nichts. Hierinn aber fehlet er ſehr/
und iſt ſo ſehr verblendet/ daß er nicht
weiß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |