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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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Pharisäische weise/ da die leute nicht Gott
über alle dinge/ sondern vielmehr sich selbst
in Gott und in allen creaturen meynen/ lie-
ben und suchen/ hat bey den verderbten leu-
ten dermassen überhand genommen/ und
ist so tieff eingewurtzelt/ daß nicht ein eini-
ges eckelein ihnen ist/ darinnen nicht solche
schädliche wurtzeln gefunden werden. Und
möchte einer wohl eher durch einen eisern
berg brechen/ als solche eigene liebe in den
obgemeldten heuchlern durch die natur ü-
berwinden; doch was der natur unmög-
lich ist das ist dem allmächtigen Gott mög-
lich. Dann er kan gar bald und leichtlich
solche unart aus den leuten austreiben/
wenn er nemlich mit seiner gnade ihre her-
tzen einnimmt und allein besitzet. Aber diß
wieder fähret gar wenigen leuten/ nicht zwar
durch Gottes/ sondern vielmehr durch der
menschen eigene schuld/ weil sie wissend und
williglich die untugend und laster in ihre
hertzen einkehren lassen/ dadurch aber wird
Gott mit seiner krafft und gnade gehindert
und vertrieben.

Also auch Medulla animae cap. III.

p. 9. 10. u. f.

Weil alle gute und böse wercke aus dem

grund/

Phariſaͤiſche weiſe/ da die leute nicht Gott
über alle dinge/ ſondern vielmehr ſich ſelbſt
in Gott und in allen creaturen meynen/ lie-
ben und ſuchen/ hat bey den verderbten leu-
ten dermaſſen überhand genommen/ und
iſt ſo tieff eingewurtzelt/ daß nicht ein eini-
ges eckelein ihnen iſt/ darinnen nicht ſolche
ſchaͤdliche wurtzeln gefunden werden. Und
moͤchte einer wohl eher durch einen eiſern
berg brechen/ als ſolche eigene liebe in den
obgemeldten heuchlern durch die natur ü-
berwinden; doch was der natur unmoͤg-
lich iſt das iſt dem allmaͤchtigen Gott moͤg-
lich. Dann er kan gar bald und leichtlich
ſolche unart aus den leuten austreiben/
wenn er nemlich mit ſeiner gnade ihre her-
tzen einnimmt und allein beſitzet. Aber diß
wieder faͤhret gar wenigen leuten/ nicht zwaꝛ
durch Gottes/ ſondern vielmehr durch der
menſchen eigene ſchuld/ weil ſie wiſſend und
williglich die untugend und laſter in ihre
hertzen einkehren laſſen/ dadurch aber wird
Gott mit ſeiner krafft und gnade gehindert
und vertrieben.

Alſo auch Medulla animæ cap. III.

p. 9. 10. u. f.

Weil alle gute und boͤſe wercke aus dem

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[360/0422] Phariſaͤiſche weiſe/ da die leute nicht Gott über alle dinge/ ſondern vielmehr ſich ſelbſt in Gott und in allen creaturen meynen/ lie- ben und ſuchen/ hat bey den verderbten leu- ten dermaſſen überhand genommen/ und iſt ſo tieff eingewurtzelt/ daß nicht ein eini- ges eckelein ihnen iſt/ darinnen nicht ſolche ſchaͤdliche wurtzeln gefunden werden. Und moͤchte einer wohl eher durch einen eiſern berg brechen/ als ſolche eigene liebe in den obgemeldten heuchlern durch die natur ü- berwinden; doch was der natur unmoͤg- lich iſt das iſt dem allmaͤchtigen Gott moͤg- lich. Dann er kan gar bald und leichtlich ſolche unart aus den leuten austreiben/ wenn er nemlich mit ſeiner gnade ihre her- tzen einnimmt und allein beſitzet. Aber diß wieder faͤhret gar wenigen leuten/ nicht zwaꝛ durch Gottes/ ſondern vielmehr durch der menſchen eigene ſchuld/ weil ſie wiſſend und williglich die untugend und laſter in ihre hertzen einkehren laſſen/ dadurch aber wird Gott mit ſeiner krafft und gnade gehindert und vertrieben. Alſo auch Medulla animæ cap. III. p. 9. 10. u. f. Weil alle gute und boͤſe wercke aus dem grund/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/422>, abgerufen am 25.11.2024.