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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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oder gedancken/ die man sich machet/ suchen/
und hingegen sich die freyheit nehmen/ in
dem eusserlichen alles das jenige zu thun o-
der nach zu machen/ was die eitelste stöltzling
thun oder vornehmen/ mit dem vorwand/
das hertz henge nicht dran/ und könne also
auch davon nicht verunreiniget werden. Jch
sorge aber/ solche leute wissen insgesamt von
der art der wahren demuth nichts. Dann
diese gründet sich eines theils auf die erkänt-
nis der eitelkeit alles eusserlichen geprängs
und herrligkeit der welt/ andern theils auf die
innerliche erkäntnis seiner unwürdigkeit und
nichtigkeit: Wer sich nun warhafftig ge-
ring hält/ derselbe achtet sich auch nicht wür-
dig eusserlichen prachts/ ob auch etwas war-
hafftiges/ und eine rechte ehre drinnen wä-
re/ und würde solche lieber andern gönnen/
die deren würdiger wären/ als er sich zu seyn
erkennet: Wer auch jene eitelkeit recht mit
solchen augen eingesehen als er solle/ hat ei-
nen eckel vor dem jenigen/ was er eitel zu
seyn erkennet/ und also wird er sich mit wil-
len dessen nicht befleissen. Daher wer mit
willen/ es sey nun in kleidung/ wohnung/ o-
der anderem gepräng einen pracht zeiget/ der
verräth sich/ daß er entweder so grob eitel

seye/

oder gedancken/ die man ſich machet/ ſuchen/
und hingegen ſich die freyheit nehmen/ in
dem euſſerlichen alles das jenige zu thun o-
der nach zu machen/ was die eitelſte ſtoͤltzling
thun oder vornehmen/ mit dem vorwand/
das hertz henge nicht dran/ und koͤnne alſo
auch davon nicht veꝛunreiniget werden. Jch
ſorge aber/ ſolche leute wiſſen insgeſamt von
der art der wahren demuth nichts. Dann
dieſe gründet ſich eines theils auf die erkaͤnt-
nis der eitelkeit alles euſſerlichen gepraͤngs
uñ herꝛligkeit der welt/ andern theils auf die
innerliche erkaͤntnis ſeiner unwürdigkeit uñ
nichtigkeit: Wer ſich nun warhafftig ge-
ring haͤlt/ derſelbe achtet ſich auch nicht wüꝛ-
dig euſſerlichen prachts/ ob auch etwas waꝛ-
hafftiges/ und eine rechte ehre drinnen waͤ-
re/ und würde ſolche lieber andern goͤnnen/
die deren würdiger wären/ als er ſich zu ſeyn
erkennet: Wer auch jene eitelkeit recht mit
ſolchen augen eingeſehen als er ſolle/ hat ei-
nen eckel vor dem jenigen/ was er eitel zu
ſeyn erkennet/ und alſo wird er ſich mit wil-
len deſſen nicht befleiſſen. Daher wer mit
willen/ es ſey nun in kleidung/ wohnung/ o-
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[210/0272] oder gedancken/ die man ſich machet/ ſuchen/ und hingegen ſich die freyheit nehmen/ in dem euſſerlichen alles das jenige zu thun o- der nach zu machen/ was die eitelſte ſtoͤltzling thun oder vornehmen/ mit dem vorwand/ das hertz henge nicht dran/ und koͤnne alſo auch davon nicht veꝛunreiniget werden. Jch ſorge aber/ ſolche leute wiſſen insgeſamt von der art der wahren demuth nichts. Dann dieſe gründet ſich eines theils auf die erkaͤnt- nis der eitelkeit alles euſſerlichen gepraͤngs uñ herꝛligkeit der welt/ andern theils auf die innerliche erkaͤntnis ſeiner unwürdigkeit uñ nichtigkeit: Wer ſich nun warhafftig ge- ring haͤlt/ derſelbe achtet ſich auch nicht wüꝛ- dig euſſerlichen prachts/ ob auch etwas waꝛ- hafftiges/ und eine rechte ehre drinnen waͤ- re/ und würde ſolche lieber andern goͤnnen/ die deren würdiger wären/ als er ſich zu ſeyn erkennet: Wer auch jene eitelkeit recht mit ſolchen augen eingeſehen als er ſolle/ hat ei- nen eckel vor dem jenigen/ was er eitel zu ſeyn erkennet/ und alſo wird er ſich mit wil- len deſſen nicht befleiſſen. Daher wer mit willen/ es ſey nun in kleidung/ wohnung/ o- der anderem gepräng einen pracht zeiget/ deꝛ verraͤth ſich/ daß er entweder ſo grob eitel ſeye/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/272>, abgerufen am 16.07.2024.