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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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serliche setzen/ davor haltende/ es seye schon
gnug zur demuth/ wo man nur niderträch-
tige gebärden habe/ geringe wohnung ge-
brauche/ keine weitläufftigkeit des staats
wegen mache/ sonderlich aber geringe oder
wol gar ungewöhnlich unformliche kleider
trage: da dannoch alles dieses bey recht hof-
färtigen hertzen sich finden/ ja wol gar alles
solches eusserliche aus hochmuth eingerich-
tet seyn kan. Es wird nicht wol zu zweiffeln
seyn/ daß die kleidungen unterschiedlicher
Ordens-leute/ von den ersten deroselben er-
findern deßwegen also geordnet/ daß sie ge-
mein und schlecht waren/ daher sich zu der
profession der jenigen schickten/ welche wie
anderer welt-eitelkeit abgestorben/ also hin-
gegen der wahren demuth von hertzen zuge-
than seyn/ und solches auch mit diesem zeug-
nis weisen solten: Jch sorge aber sehr/ es
seye nachmal geschehen/ daß bey manchem
jetzo seine unförmliche kutte oder mantel/
wie schlecht sie scheinen/ so gar nicht mehr ei-
ne demuth ist daß sie vielmehr seines geistli-
chen hochmuths kräfftige nahrung wird/ in
dem des grösten und hochmüthigsten königs
kron purpur gold und edelgest ein ihn nicht
schwülstiger machen/ als einen solchen ar-

men

ſerliche ſetzen/ davor haltende/ es ſeye ſchon
gnug zur demuth/ wo man nur nidertraͤch-
tige gebaͤrden habe/ geringe wohnung ge-
brauche/ keine weitlaͤufftigkeit des ſtaats
wegen mache/ ſonderlich aber geringe oder
wol gar ungewoͤhnlich unformliche kleider
trage: da dannoch alles dieſes bey recht hof-
faͤrtigen hertzen ſich finden/ ja wol gar alles
ſolches euſſerliche aus hochmuth eingerich-
tet ſeyn kan. Es wird nicht wol zu zweiffeln
ſeyn/ daß die kleidungen unterſchiedlicher
Ordens-leute/ von den erſten deroſelben er-
findern deßwegen alſo geordnet/ daß ſie ge-
mein und ſchlecht waren/ daher ſich zu der
profeſſion der jenigen ſchickten/ welche wie
anderer welt-eitelkeit abgeſtorben/ alſo hin-
gegen der wahren demuth von hertzen zuge-
than ſeyn/ und ſolches auch mit dieſem zeug-
nis weiſen ſolten: Jch ſorge aber ſehr/ es
ſeye nachmal geſchehen/ daß bey manchem
jetzo ſeine unfoͤrmliche kutte oder mantel/
wie ſchlecht ſie ſcheinen/ ſo gar nicht mehr ei-
ne demuth iſt daß ſie vielmehr ſeines geiſtli-
chen hochmuths kraͤfftige nahrung wird/ in
dem des groͤſtẽ und hochmüthigſten koͤnigs
kron purpur gold und edelgeſt ein ihn nicht
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[208/0270] ſerliche ſetzen/ davor haltende/ es ſeye ſchon gnug zur demuth/ wo man nur nidertraͤch- tige gebaͤrden habe/ geringe wohnung ge- brauche/ keine weitlaͤufftigkeit des ſtaats wegen mache/ ſonderlich aber geringe oder wol gar ungewoͤhnlich unformliche kleider trage: da dannoch alles dieſes bey recht hof- faͤrtigen hertzen ſich finden/ ja wol gar alles ſolches euſſerliche aus hochmuth eingerich- tet ſeyn kan. Es wird nicht wol zu zweiffeln ſeyn/ daß die kleidungen unterſchiedlicher Ordens-leute/ von den erſten deroſelben er- findern deßwegen alſo geordnet/ daß ſie ge- mein und ſchlecht waren/ daher ſich zu der profeſſion der jenigen ſchickten/ welche wie anderer welt-eitelkeit abgeſtorben/ alſo hin- gegen der wahren demuth von hertzen zuge- than ſeyn/ und ſolches auch mit dieſem zeug- nis weiſen ſolten: Jch ſorge aber ſehr/ es ſeye nachmal geſchehen/ daß bey manchem jetzo ſeine unfoͤrmliche kutte oder mantel/ wie ſchlecht ſie ſcheinen/ ſo gar nicht mehr ei- ne demuth iſt daß ſie vielmehr ſeines geiſtli- chen hochmuths kraͤfftige nahrung wird/ in dem des groͤſtẽ und hochmüthigſten koͤnigs kron purpur gold und edelgeſt ein ihn nicht ſchwülſtiger machen/ als einen ſolchen ar- men

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/270>, abgerufen am 24.11.2024.